quinta-feira, 26 de outubro de 2017

Wie stark ist Brasilien?



Nein, ich denke nicht an Fußball, da wird die Antwort nächstes Jahr zwischen Juni und Juli in Russland gegeben werden. Ich denke eher an das was die politische Klasse mit diesem Land so anstellt.
Reflektieren wir ein wenig: Nach den turbulenten Inflationsjahren der Redemokratisierungszeit trat ab 1994 etwas Ruhe und Ordnung ins politische Leben und das Land entwickelte sich auch wirtschaftlich wieder etwas. Es wurde privatisiert, ob dies alles gut oder weniger gut war, lassen wir mal dahingestellt sein, aber Regierung und Kongress führten das Land in die richtige Richtung. Dann kamen von 2003 bis 2010 die Lula-Jahre, da ging es öfters recht kunterbund zu, aber dank der steigenden Preise von Rohprodukten wie Eisenerz und Soja auf dem Weltmarkt, machte Brasilien einen Sprung nach vorne und zählte zu den sieben führenden Wirtschaftsnationen der Welt. Viele glaubten, dass die kritischen Zeiten vorbei wären, politische Stabilität kehrte ein, wirtschaftliche ebenso, der Abschied aus der Gruppe der Entwicklungsländer war bereits eingeläutet. Doch wer genau hinschaute, erkannte bereits ab 2007 mit dem Aufkommen des Skandals “mensalão”, das hinter verschlossenen Türen verschoben und gestohlen wurde. Auch als Präsident Lula erklärte dass die weltweite Bankenkrise des Jahres 2008 Brasilien nicht erreichen würde, war dies in Wirklichkeit nur Augenwischerei.
Mit der Wahl seiner Kabinettsministerin Dilma Rousseff, zur Präsidentin ab 2011 hat er dann weder sich selbst noch dem Land einen Gefallen getan. Was eigentlich bis heute unverständlich ist, dass sie trotz katastrophaler Amtsführung und öffentlicher Auftritte die nur Donald Trump noch überbieten kann, im Jahr 2014 wiedergewählt wurde. Dann aber zeigte sich in einer stagnierenden Weltwirtschaft ihre Unfähigkeit das Land sowohl politisch als auch wirtschaftlich zu führen. Die Amtsenthebung war zwar ein etwas konstruiertes Impeachment, aber zum Wohle des Landes notwendig.
Seitdem ist die Führung des Landes nicht stabiler geworden. Im Gegenteil, die in einer Demokratie so wichtige Teilung in drei Gewalten, gestaltete sich nun zu einem drei Frontenkrieg, jeder gegen jeden. Dazu kommt noch, dass mittlerweile auch der politisch uninteressierteste Bürger weiß, dass in den Kreisen um Brasilia fast nur noch gelogen, geschoben und betrogen wird. Alles irgendwie zum Wohle der politischen Klasse. Wenn das weiße Hemd für Sauberkeit stehen würde, müsste das Tragen in den einschlägigen Kreisen verboten werden und per Dekret das Tragen von schwarzen Hemden Pflicht werden.
Nach der gestrigen Abstimmung, die Präsident Temer knapp vor einem Debakel bewahrte, ist die Situation weder einfacher noch besser geworden. Das Land wird diese schwache und gebeutelte Regierung und diesen Geben- und Nehmenzustand noch weitere 14 Monate ertragen müssen.
Ein Glück ist nur, dass Brasilien ein großes Land ist, und dass sich unter den 200 Millionen Bewohnern  eine große Mehrheit ehrlicher und arbeitswilliger Menschen befinden, die weiterhin zum Fortschritt und der Entwicklung beitragen, sonst wäre es um die Zukunft schlecht bestellt. Man wünscht sich nur, dass die Wahlberechtigten in einem Jahr endlich kritisch hinterfragen werden und ihre Stimme nur denen geben, die überzeugend das Land repräsentieren wollen und nicht nur an ihre Vorteile denken.



sexta-feira, 20 de outubro de 2017

Martin Luther ein Revolutionär


Wenn dieser Tage an Martin Luther, wegen des Anschlagens seiner 95 Thesen an die Wittenberger Kirchentür, gedacht wird. Dann weiß ein Jeder, dass damit die kirchliche Spaltung in Europa verbunden war.
Doch Luthers revolutionäre Tätigkeit basiert nicht nur auf dieser Trennung, sondern ganz besonders wegen der Übersetzung der Bibel in die damalige allgemeinverständliche Sprache. Da es noch kein einheitliches Deutsch gab, bemühte er sich geradezu missionarisch, das Neue Testament vom griechischen und lateinischen Text in eine Umgangssprache zu übertragen, damit zukünftig der einfache Bürger, der mehrheitlich des Lesens nicht mächtig war, die Vorträge der Prediger verstehen konnte. Dies war ein wichtiger Schritt zum schaffen einer einheitlichen Umgangssprache in den deutschen Ländern. Mit dieser Bibel konnte auch Nichtbegüterten Unterricht gegeben  und somit langsam das Analphabetentum verringert werden.
Eine andere Revolution, die unserer heutigen Informationsrevolution ähnlich ist, war die Herstellung seiner Druck- und Flugschriften mit der Presse. Einer Technik, die um 1450 von Johannes Gutenberg in Mainz entwickelt wurde, aber in der Zeit bis zu Luthers Pamphlet-Aufklärung hauptsächlich nur zum esoterischen Buchdruck diente. Mit seinen Flugblättern, seinen Kirchenschriften, die Martin Luther kostenlos verteilte, erlangte er eine Popularität und seine Bewegung eine Dynamik, die selbst von dem Papst in Rom und den Fürsten nicht mehr aufzuhalten war.
Insofern ist Luthers Innovation mit der heutigen elektronischen Entwicklung vergleichbar. Es war bis vor wenigen Jahrzehnten undenkbar, dass ein völlig Unbekannter durch die Benutzung virtueller Medien einen Bekanntheitsgrad erreichen konnte, den er in gedruckter Form so schwerlich oder nur mit Hilfe von Verlagen, Zeitungen oder den traditionellen Medien Rundfunk und Fernsehen hätte erreichen können. Da diese traditionellen Medien jedoch widerum recht elitär verwaltet und gesteuert sind, würde ein Unbekannter, sei er Philosoph, Schriftsteller oder Politiker niemals eine Verbreitung erhalten wie es heute über facebook, twitter, whatsapp oder andere Applikationen möglich ist.
Zwei Beispiele zeigen sowohl die positive als auch die negative Seite dieser neuen Kommunikationsrevolution auf. Einmal die Wahl Barack Obamas zum amerikanischen Präsidenten 2008. Ohne Facebook und tweets hätte er seinen Wahlkampf nie gewinnen können. Für das Gegenteil steht sein Nachfolger Donald Trump, der seiner Twitter-Sätze und Kurztiraden über alles und alle loslässt und somit selbst die traditionelle Presse in die Defensive drängt. Er benötigt keine gute Sprache, keine ausgewogene Meinung und keine fundamentierten Argumente, er schlägt emotional um sich wie es ihm gerade gefällt. Die Plattform Twitter gibt ihm dazu die Möglichkeit.

Ähnliches erreichte Luther mit seinen Massenschriften. Dass dies zu Aufständen führte die unkontrollierbar wurden und hunderttausende das Leben kostete, war von ihm weder beabsichtigt noch gewollt. Doch wenn man eine Revolution in Gang bringt, sind die Auswirkungen vorher nie abzusehen. 

terça-feira, 3 de outubro de 2017

Palácio Alvorado oder Penitenciaria Curitiba


So dicht liegen in Brasilien die Möglichkeiten zusammen. Es hat Jahrzehnte gedauert, bis der Werkzeugmechaniker Inácio Lula da Silva aus der Automobilregion von São Bernardo de Campo, über seinen langen Weg als Gewerkschaftler der Metallindustrie und schließlich als deren Anführer, zum meistbeachteten brasilianischen Politiker und schließlich zum Präsidenten gewählt wurde. Es war ein Weg wie im Märchen, vom armen Jungen aus dem Sertão des Nordostens an die Spitze des fünftgrößten Landes der Erde.
So wurde es dann auch aufgenommen, im Land selbst, denn er erreichte diese Position nach einer demokratisch, legalen Wahl und besonders in den Ländern der ersten Welt, wo man schon lange eine Schwäche für sogenannte “underdogs” in der Politik hat, da sie letztlich das soziale Gewissen beruhigen. Selbst der amerikanische Präsident nannte ihn tief beeindruckt: “he´s the guy”.
Wo immer Präsident Lula hinreiste, und er reiste sehr viel, wurde er mit Zuneigung und Respekt empfangen. Man war davon überzeugt, dass nun in Brasilien und damit vielleicht in ganz Südamerika andere Zeiten beginnen würden. Vorbei die Diktatoren, die Zeit der Militärregierungen und auch vorbei die Zeit da Präsidenten nur aus der gesellschaftlichen Elite stammten, während das Volk mit einem Hungerlohn abgespeist wurde. Nun endlich würde soziale Gerechtigkeit einkehren und das Land sich richtig entwickeln.
Die erste Amtsperiode von 2003 bis 2006 schien auch diese Erwartungen voll zu erfüllen. Der neue Präsident hatte keine Vorurteile und ließ sowohl traditionelle Parteien als auch Wirtschaftsführer an seiner Regierung teilhaben. Es schien, dass ihm der Spagat zwischen  sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlichem Fortschritt voll gelingen würde. Als dann nach seiner Wiederwahl im Jahr 2007 die ersten Korruptionsvorwürfe um gekaufte Stimmen im Kongress auftauchten, war zwar sein Ansehen zunächst einmal angekratzt, aber eloquent wie Lula immer ist, verwies er darauf, dass ihn selbst engste Mitarbeiter getäuscht und enttäuscht hätten. Sie mussten dann den Kopf hin halten und wanderten ins Gefängnis.
Auch die Wirtschaftskrise von 2008 winkte er mit einem Lächeln durch, nannte sie für Brasilien höchstens ein ”Windchen”.  Dementsprechend gelang es ihm dann auch im Jahr 2010 seine eigentlich unpopuläre Ministerin Dilma Rousseff  als Nachfolgerin in den  Präsidentenpalast wählen zu lassen. Es ging nun nicht mehr ganz so geschmiert, erste Korruptionsfälle und auch eine beginnende stagnierte Wirtschaft stellten das Programm der Arbeiterpartei bereits in Frage, aber im Wahlkampf 2014 warf sich Lula noch einmal kräftig ins Zeug und garantierte seiner Nachfolgerin die Wiederwahl.
Danach ging es ziemlich schnell abwärts, bis sie im Winter 2016 abgewählt wurde. Nun konnte auch Lula nichts mehr retten.
 Inzwischen interessiert sich die Polizei und die Justiz immer mehr um Stimmenkauf, illegale Wahlgeschenke von Konzernen im Tausch für Staatsaufträge und billige Staatskredite. Staatsbetriebe wie die Ölgesellschaft Petrobras wurden nur noch dazu benutzt damit sich Politiker und Parteien bereichern konnten, kurz eine Korruptionswelle kam ins Rollen, die bis heute noch lange nicht voll aufgeklärt ist. Inmitten dieser Welle befindet sich die Arbeiterpartei und ihre führenden Funktionäre und Minister als Meister der offenen Hand und der verschobenen Staatsgelder. Auch Ex-Präsident Lula hat sich offensichtlich ordentlich bedienen lassen, hier ein Apartment dort ein Sitio oder ein Grundstück, ein Schelm wer Böses dabei denkt. Mittlerweile liegen seine Akten bei der Justiz in Curitiba, und eine Verurteilung wurde bereits ausgesprochen, die jedoch in der ersten Instanz noch keine rechtliche Wirkung hat.
In einem Jahr wird in Brasilien der neue Präsident gewählt und bereits heute, beginnen die Meinungsforschungsinstitute mit ihren Umfragen. Dabei liegt Ex-Präsident Lula mit weitem Abstand an der Spitze. Offensichtlich hat ihm der Prozess vor dem Gericht in Curitiba nicht sehr geschadet. Die Beweise von passiver Korruption sind zwar erdrückend, wenn aber das Berufungsgericht in zweiter Instanz das Urteil nicht bestätigen würde, stände einer Wiederwahl Lulas im Jahr 2018 nichts im Wege.

Dieses mal liegt aber die Entscheidung Alvorada oder Curitiba nicht bei ihm oder den Wählern, sondern bei der Justiz.