sexta-feira, 30 de junho de 2017

Brasilien verstehen


Eigentlich glaubte ich das Land zu verstehen. Lebe seit 40 Jahren hier, arbeitete viele Jahre im Außenhandel, seit 22 Jahren als Journalist und seit 12 Jahren als Historiker, habe das Land von Süden bis Norden bereist, mit Menschen aller Schichten gesprochen und teilweise zusammen gelebt, aber derzeit kommt es mir mal wieder vor als lebe ich in einem fremden Land. Wer regiert hier eigentlich? Der Präsident, der als solcher nicht gewählt wurde, mit seinen ständig wechselnden Ministern, deren Namen kaum mehr jemand kennt, der Kongress der sich einesteils selbst zerfleischt und andererseits völlig unberechenbar ist, da 35 Parteien nie zu einer Einigkeit finden und Mehrheit erhält wer bessere Versprechen und Geschenke macht. Die Justiz, die eigentlich für Sauberkeit im Umgang mit den Gesetzen sorgen sollte, aber sich mehr und mehr politisiert und sich ihre Beweise bei zweifelhaften politischen oder Wirtschaftsführern holt, die dafür fast straffrei ausgehen?
Es ist recht schwierig derzeit das Land zu verstehen. Das mag auch der Grund sein, weshalb das Volk erstaunlicherweise recht still hält und es kaum zu Massendemonstrationen oder Streiks kommt, auch diese werden sehr verhalten und oft nur pflichtbewusst durchgeführt, weil die unzählbaren Gewerkschaften sie dazu drängen. Diese widerum verhalten sich recht ruhig, erhalten sie doch ihre Gelder aus der Staatskasse, die dafür jedem Arbeiter und Angestellten einen Tageslohn pro Jahr aus der Tasche zieht. Gegenleistung? Keine.
Dies alles zeigt daraufhin, dass es sich um ein morbides Staatssystem handelt, das eigentlich nur durch den Konsum von 200 Millionen Menschen zusammengehalten wird. Da diese täglich versorgt werden müssen und die Meisten auch pünktlich ihre Rechnungen bezahlen ist jedenfalls garantiert, dass die Mehrheit mit Strom versorgt wird, das Wasser noch fließt, die Supermärkte gut bestückt sind, dass Zapfsäulen noch Sprit abgeben und die Ampeln noch funktionieren. Ja dass selbst  noch regelmäßig Fussball im Land gespielt wird und die Zuschauer sogar mit öffentlichen Verkehrsmitteln rechtzeig zu den Stadien kommen.
Wenn man es so sieht, ist doch alles in Ordnung. Sogar die Inflation ist auf ein erträgliches Maß zurück geschraubt worden, die Verkehrstoten und Kriminalzahlen haben auch nicht zugenommen, obwohl sie immer schon exorbitant hoch sind für ein Land das eigentlich im Frieden lebt.
Im Prinzip gibt es nur zwei negative Aspekte: mit 14 Millionen Arbeitslosen eine extrem hohe Zahl, die neue Investitionen weitgehend verhindert, und eben die morbide politische Führung, die so mit sich selbst beschäftigt ist, dass sie Volk und Land vergisst. Wozu benötigt man die dann noch?



quinta-feira, 22 de junho de 2017

Europa der Vaterländer

Die letzten 3 Wochen habe ich verschiedene Städte Europas bereist. Teilweise  um Verwandte und Freunde zu besuchen, oder aber um für mein Institut Kontakte zu erneuern oder neue zu knüpfen. Dabei kam man unwillkürlich auf die derzeit stattfindende Veränderung Europas zu sprechen. Europa, das nach dem Willen seiner Gründerväter ein Europa der Vaterländer sein sollte, hat inzwischen einen Weg eingeschlagen, der von einem großen Teil der Bevölkerung nicht mehr mitgetragen wird. Statt die Individualität der Vaterländer weiterhin anzuerkennen und zu pflegen, wurden zentrale Administrationen eingerichtet, die mehr und mehr über das Leben der Bürger entscheiden. Diese Administration wurde nie gewählt und ist nur wenigen gegenüber verantwortlich. Man hat eine Einheitswährung eingeführt und eine Europäische Zentralbank mit weitgehend unabhängiger Macht ausgestattet, die so tut, als wären alle Staaten in einer ähnlichen wirtschaftlichen Situation.
Dieser zentralistische europäische Apparat ist aber den Bürgern fremd geworden und trägt den unterschiedlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen der Mitgliedsländer wenig Rechnung. Es entstehen dadurch neue Vorurteile, die man eigentlich abbauen wollte. Europa ist so heterogen wie beispielsweise Brasilien. Man kann Piauí oder Maranhão nicht mit Rio Grande do Sul oder Santa Catarina vergleichen, já es geht noch weiter, man kann nicht einmal Rio de Janeiro mit São Paulo vergleichen. Das scheinen zwei unterschiedliche Welten zu sein. Ebenso sieht es in der alten Welt aus. Was hat die Bundesrepublik Deutschlands mit Griechenland, Portugal oder Bulgarien gemein? So gut wie nichts. Wirtschaftsleistung, soziale Struktur und selbst die Kultur könnte unterschiedlicher nicht sein.
Diese so schwer miteinander zu vereinbarenden Gesellschaftsstrukturen wurden über Jahrzehnte mit Verordnungen dazu verurteilt gleicher zu werden. Trotz dem Druck, der besonders von dem deutschen Finanzminister ausgeht, wurde wenig erreicht, außer, dass die besser situierten Länder für die ärmeren unverantwortliche Kredit geben, die nie zurückbezahlt werden können.
Dazu kommt die recht unkontrollierte muslimische Einwanderung, die Europa nicht nur vor neue Herausforderungen stellt, sondern es auch in seinem demokratisch, freiheitlichen Leben bedroht.
Europa hat sich in den 40 Jahren seit ich es verlassen habe sehr verändert, ob zum Besseren, das wird erst die Zukunft sagen. Auf jeden Fall steht es vor einer der größten Herausforderungen seiner Geschichte.