segunda-feira, 29 de abril de 2013

Wie du mir, so ich dir


                                                   

                                   die taktischen Demokratiespiele in Brasilien

 

Ansich war es doch etwas Unerhörtes: das oberste Verfassungsgericht verurteilte führende Politiker der Regierungspartei PT und einiger Koalitionsparteien zu langjährigen Haftstrafen, die sogar abgesessen werden müssten, wenn es tatsächlich dabei bliebe. Da aber in Brasilien nahezu alles biegsam ist, gibt es auch wieder die Möglichkeit, dass selbst gegen ein Urteil des obersten Verfassungsgerichts nochmals Einspruch erhoben werden kann. Dann muss dasselbe Gericht sein eigenes Urteil nochmals überprüfen, eine interessante demokratische Variante. Im Falle der Urteile wegen der Gründung einer kriminellen Vereinigung, welche recht schwer wiegen, die gegen zwei derzeitige Bundesabgeordnete, den ehemaligen PT-Parteivorsitzenden José Genoino und den ehemaligen Parlamentspräsidenten João Paulo Cunha sowie den ehemaligen Chefminister José Dirceu gefällt wurden, könnte dieser Einspruch tatsächlich Erfolg haben. Die Urteile fielen sehr knapp aus, mit 5 zu 4 Richterstimmen erfolgte die Verurteilung. Nun sind seitdem zwei der Bundesrichter in den Ruhestand gegangen, beide stimmten für die Verurteilung. Die Nachfolger wurden oder werden noch von der Präsidentin Dilma Rousseff ernannt. Man kann sich also leicht vorstellen, dass diese Neulinge anders abstimmen werden, und damit die von der Bevölkerung so begrüßten Urteile gegen korrupte Politiker, außer Kraft gesetzt werden.

Doch solange wollten die verurteilten Politiker und ihre Kollegen garnicht warten. Sie animierten ihre Kollegen im Rechtsausschuss des Kongresses, eine neue Präambel in die Verfassung aufzunehmen, die dem Kongress das Recht geben würde, Urteile des obersten Gerichts zu revidieren oder gar zu anullieren. Interessanterweise sitzen nun aber gerade zwei dieser Verurteilten im Rechtsausschuss und stimmten natürlich für den Entwurf. Dieser Vorgang ist sehr fragwürdig, wenn nicht sogar unmoralisch und antiethisch, allein der Entwurf ansich ist ein Versuch die demokratische Gewaltentrennung zwischen der Legislative und der Judikative auszuhebeln.

Da in Brasilien Politik mit sehr viel Emotionen gemacht wird, und auch die Herren Verfassungsrichter nicht ganz frei davon sind, setzte der honorige Richter Gilmar Mendes gleich ein entsprechendes Zeichen: er verhängte eine einstweilieg Verfügung gegen einen anderen Gesetzentwurf, nämlich die Beschneidung von Parteineugründungen. Da Präsidentin Dilma sich bereits im Wahlkampf befindet, obwohl die nächste Wahl erst im Oktober 2014 ansteht, hätte sie es natürlich gerne gesehen, dass eventuelle Kandidaten oder Kandidatinnen, die als Wahlplattform  eine neue Partei gründen wollen, dafür weder Mittel aus der Staatskasse noch Fernseh und Rundfunkrechte erhalten sollen. Dies zielt besonders auf die ehemalige Ministerin und Präsidentschaftskandidatin von 2010, Marina Silva, die dabei ist für ihre Bewegung eine neue Partei zu gründen. Auf einen Antrag der Oppositionsparteien hin, erließ Richter Mendes unverzüglich eine einstweilige Verfügung, gegen dieses neue Parteiengesetz. Von den Kongressführern wurde dies wiederum als eine unerhörte Einmischung in ihren Bereich  angesehen.

Man sieht, das alttestamentarische Gesetz: Auge um Auge, Zahn um Zahn, findet in der politischen Szene Brasiliens noch heute Anwendung.

Nenhum comentário:

Postar um comentário