quinta-feira, 19 de dezembro de 2013

Was im Leben zählt


                                                   

 

Das Jahresende ist die Zeit in der man den Rhythmus etwas reduziert, und über die letzten zwölf Monate reflektiert. Hat man das erreicht, was man sich zu Beginn vorgenommen hat? Hat es böse oder gute Überraschungen gegeben? Ist man einen Schritt weiter gekommen, stehen geblieben oder hat man gar einen Rückschritt gemacht? Wenn man sich diese Fragen stellt, dann spielt heute der kapitalistisch/monetäre Aspekt die beherrschende Rolle. Steht man finanziell besser da als vor einem Jahr?

Doch gerade zur Weihnachtszeit sollte man sich an die anderen Werte erinnern, die ein Menschenleben ausmachen: glücklich sein, als Mensch von den Freunden, der Familie und den Kollegen akzeptiert zu sein, und sich damit weiterentwickelt zu haben.

Gerade in der heutigen, schnelllebigen Zeit zählt nur noch Leistung, 24 Stunden, denn man ist immer verbunden, schaltet niemals ab, ist immer erreichbar.

In einer Talkshow im Deutschen Fernsehen ging es um den Erfolg den verschiedene Teilnehmer im Leben hatten. Alle erzählten von ihren beruflichen und gesellschaftlichen Erfolgen, nur einer, ein bekannter Fernsehjournalist, der gerade mit 70 Jahren aus dem aktiven Dienst ausschied sagte, er sei ein Versager, die Runde war geschockt und wollte eine Begründung. Er hätte ob seines Jobs das Privatleben vergessen, zwei gescheiterte Ehen und zwei Kinder die auf Distanz lebten, das sei das Ergebnis seines Lebens. Es wurde ganz still und man bemerkte, dass jeder daran dachte ob kapitalistischer und gesellschaftlicher Erfolg denn alles im Leben wäre.

terça-feira, 3 de dezembro de 2013


         Vertreten von Kriminellen ?

 

Die Tageszeitung  “ Estado de São Paulo “ berichtet in Ihrer gestrigen  Ausgabe, dass es gegen Kongressabgeordnete 300 Prozesse und 534 polizeiliche Untersuchungen gibt. Man kann davon ausgehen, dass diese angesehene Zeitung zuverlässig recherchiert hat. Dies bedeutet, dass praktisch gegen jeden Abgeordneten ein Strafverfahren im Gange ist. Da muss man sich wirklich fragen, wird das brasilianische Volk von Kriminellen vertreten? Gut, nicht jeder Abgeordnete hat etwas auf dem Kerbholz, aber bestimmt nahezu jeder Zweite. Dabei fallen bekannte Namen wie der Ex-Präsident des Senats Jader Barbalho, der derzeitige Präsident Renan Calheiros, oder die Senatsvizepräsidenten Jorge Vianna und Romero Jucá. Allein 29 von 81 Senatoren werden von der Justiz untersucht.

Nach der klassischen Demokratielehre, sind Abgeordnete Vertreter des Volkes mit dem Recht und der Pflicht Gesetze zu erlassen, die dem allgemeinen Wohl des Landes dienen. Aber nach den genannten Zahlen muss man diese Regel rasch außer Kraft setzen, denn bei so vielen Straftaten kann man leicht erkennen, dass das wichtigste Bestreben der gewählten Vertreter ist, für sich selbst in die Taschen zu schaffen. Gelder werden veruntreut, überhöhte Abrechnungen akzeptiert oder gar ausgestellt, Fantasma-Mitarbeiter eingestellt und Posten an Freunde und Verwandte vergeben. Kurz, wer Abgeordneter wird, tut das um seinen Wohlstand zu verbessern, das Volk, das ihn wählt ist ihm dabei egal. Noch schlimmer ist jedoch, dass diese Kriminellen wieder gewählt werden und genügend Stimmen bekommen um wieder ins Parlament einzuziehen. Es scheint, dass Brasilien eines der wenigen Länder ist in dem Korruption ein Ehrendelikt ist, nach dem Motto „ rouba mais faz.

quinta-feira, 28 de novembro de 2013


Franziskus will die Kirche komplett reformieren

 

Mit dieser Überschrift berichtet heute das deutsche Nachrichtenmagazin der Spiegel über  die apostolische Veröffentlichung „ Evangeli Gaudium „, mit welcher der Papst in einer eindeutigen Form zum Kampf gegen die Armut aufruft. Er prangert den brutalen Kapitalismus an, wo sich niemand aufrege wenn ein alter Mann auf der Straße erfriere, während eine Baisse um zwei Punkte an der Börse Schlagzeilen macht. Es geht aber noch weiter: „ Der Mensch an sich wird wie ein Konsumgut betrachtet, das man gebrauchen und dann wegwerfen kann. „

Schärfer hat sich noch kein Würdenträger gegen den Konsumismus und die Schlacht um Geld und Reichtum geäußert. Es ist tatsächlich an der Zeit über die Entwicklung unseres Wirtschaftssystems nachzudenken. Schon Kinder werden zum konsumieren angeleitet, und werden unbemerkt Teil eines immerwährenden Wettstreits nach dem Motto: „ haste was, biste was. „ Schuhmarken, Markenkleidung, Smartphones, Tablets, all dies trägt bereits bei Schülern zum Status bei, Später sind es Autos, Wohnungen, Häuser und Reisen. Danach kommen Geldanlagen und Firmengründungen zum Zwecke der Gewinnmaximierung. Dies dient nur dazu, angesehen zu werden und sich besser und stärker zu fühlen als sein Mitmensch. Da unser Leben aber endlich ist, kommt irgendwann die Umkehrung. Vermögen wird für die Gesunderhaltung ausgegeben und wenn dann noch etwas übrig bleibt, geht es in den Kreislauf der nächsten Generation.

Was aber auf der Strecke bleibt, ist der Wert des Individuums, sind Freundschaften, ethische und ästhetische Werte, Qualität des Lebens, das doch so endlich ist. Deshalb sollte diese Veröffentlichung des Papstes auf breiter Basis in die Menschheit einfließen, denn unser Spätkapitalismus ist kein Weg in eine bessere Zukunft.

segunda-feira, 18 de novembro de 2013

Der Mensalão, und kein Ende


                                             

 Acht lange Jahre dauerte es, bis die Beschuldigten des Mensalão verurteilt wurden. Selbst für einen komplizierten Prozess einfach zu lange. In der Zwischenzeit hatte man bisweilen den Eindruck, als ob wie üblich, solch ein Verbrechen unter den Teppich gekehrt würde, oder wie man in Brasilien sagt: Terminaria em Pizza. Es war ganz sicher dem ständigen Druck der von der Presse ausging zu verdanken, dass sich das höchste Gericht der Sache schließlich annahm und zu einem Urteil kam. Doch dann hatte man wieder den Eindruck, dass in der Revision eben dieses Gericht andere Maßstäbe anlegen, und zumindest die wichtigsten Politiker laufen lassen würde. Dank einiger konsequenter Richter, und vor allem Präsident Joaquim Barbosa, kam es nicht dazu.

Zum Tag der Republik mussten elf Verurteilte ihre Strafe antreten, darunter auch der Ex-Minister José Dirceu und der Ex-Parteichef der PT, José Genoino. Es verwundert nicht, dass beide nicht aufhören sich als unschuldig zu deklarieren und sich als politische Gefangene zu betrachten, die von einer bösen bürgerlichen Gesellschaft und Presse ihrer Rechte beraubt werden. Folgt man dieser Argumentation ist Stimmenkauf und Abgeordnetenbestechung genauso wenig strafbar, wie das Veruntreuen von Staatsgeldern. Doch das schiefe Weltbild dieser Politiker wird wohl auch im Gefängnis nicht korrigiert werden können.

Man könnte nun meinen, dass der Prozess – Mensalão – damit abgeschlossen wäre. Leider ist aber zu befürchten, dass sich das höchste Gericht noch weiter mit den Revisionseingaben beschäftigen muss. Dass dabei  eine Rolle spielen wird, dass die Mehrheit der Richter von einer PT-Regierung ernannt wurden, ist zu befürchten. Es wäre kein Wunder wenn die Politiker in Bälde wieder in ihren eigenen Betten schlafen könnten.

terça-feira, 29 de outubro de 2013


                                              Im Namen der Sicherheit

 

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Was haben hunderte von Millionen auf unserem Erdball mit Angela Merkel, Dilma Rousseff, François Hollande und anderen Politikern gemein? Sie alle werden von dem amerikanischen Nachrichtendienst NSA überwacht, abgehört und elektronisch ausspioniert. Dabei ist Spionage so alt wie die Menschheit. Seit es Stämme gibt, die sich nicht unter einem Führer vereinten, sondern miteinander wetteiferten und dann Kämpfe gegeneinander führten, besteht der Wunsch und Wille über den Anderen mehr zu wissen als er von sich preisgeben will. Wissen ist Macht, und wer mehr weiß und seinen Gegner besser kennt, hat es leichter mit ihm zu verhandeln und im Kriegsfall  zu besiegen. Vom Trojanischen Pferd bis zu den Ost-West-Spionen Günter Guillaume und Markus Wolf, zieht Spionage wie ein roter Faden durch die Weltgeschichte. Die großen Weltreiche kamen ohne Kundschafter und Verräter nicht aus. Viele von Ihnen endeten gewaltsam, an Schafott, Galgen, erschossen oder gar vergiftet.  Das hat sich nun geändert, die klassischen Banditen oder Helden haben ausgedient. Dank George Bush und dem 11. September 2001 hat sich die Welt verändert wie schon lange nicht mehr. Mit dem Angriff auf die New Yorker Twin-Tower reagierte die USA ähnlich wie nach Pearl Harbour. Die Unverletzlichkeit der Weltmacht war nicht mehr gegeben, die absolute Macht war bedroht.

Der Begriff Sicherheit wurde zum obersten Prädikat erhoben, alles andere hatte sich unterzuordnen. Es wurden Kontrollen eingeführt, die vorher undenkbar waren. Reisegepäck durchleuchtet, Passagiere mit Magnetstäben abgetastet, im Zweifelsfall mussten sie sich entkleiden. Satellitenüberwachung, Dronenflüge, es wurden nicht Milliarden, sondern Billionen im Namen der Sicherheit ausgegeben, und die Welt unterwarf sich. Schließlich ist die USA immer noch das Maß aller Dinge. Mit Ihrer Bundespolizei FBI und dem Geheimdienst CIA hatten die Herren in Washington schon immer Organisationen, die sich weder an Gesetze noch an Abmachungen halten mussten wenn es um das Sicherheitsinteresse  des Landes ging. Doch offensichtlich reichten diese Truppen nicht mehr aus um die Sicherheit zu gewährleisten. Die NSA, als Nationale Sicherheits Agentur wurde gegründet und mit allen Vollmachten ausgestattet, sowohl Personen als auch Staaten zu überwachen. Irgendwie hat man das wohl außerhalb der USA nicht so ernst genommen. Wie sonst würde die gesamte Welt bedenkenlos das Internet, die Handies,  Facebook, Twitter, SMS und all die elektronischen Einrichtungen benutzen, ohne sich groß darüber Gedanken zu machen wer mithört und mitliest. Wie lange musste die moderne Welt kämpfen um das internationale Postgeheimnis durchzusetzen? Es dauerte Jahrhunderte, welch ein weiter Weg war es die Menschenrechte als eines der höchsten Güter in internationalen Abmachungen zu verankern. Das Persönlichkeitsrecht, das Recht auf Privatsphäre, all das zu erreichen war ein langer Weg. Noch gibt es viele Länder der Erde die sich nicht daran halten, deshalb wurde die Welt auch noch nach den beiden großen Kriegen in „ gute „ und „ böse „ Staaten eingeteilt.

Doch damit ist es jetzt erst einmal vorbei. Im Namen der Sicherheit hat die USA alle langsam erworbenen Werte des menschlichen Zusammenlebens ausgehebelt. Karl Valentin, der große bayerische Komiker hat schon vor mehr al einem halben Jahrhundert sich so ausgedrückt: „ Sicherheit kommt vor Seltenheit“, deshalb wollte er in einem tausend Meter tiefen Bergwerk wohnen, dort wäre er sicher vor Meteorsteinen, auch wenn diese nur alle paar tausend Jahre vom Himmel fielen. So etwa kann man das Sicherheitsbedürfnis der USA darstellen, um sich vor ein, zwei oder einem Dutzend Terroristen zu schützen, müssen heute täglich Millionen Bürger einen teuren und menschenunwürdigen Sicherheitscheck durchlaufen, werden Milliarden Dollar in Systeme und Kontrollen ausgegeben, und wird die gesamte Welt überwacht und abgehört. Dabei ist es gleichgültig ob es sich um Freund oder Feind handelt,  der amerikanische Verfolgungswahn geht so weit, dass auch die engsten Partner und ihre Politiker überwacht und abgehört werden. Da diese vielfach auch noch blauäugig und unbekümmert die elektronischen Errungenschaften benützen, spielen sie der NSA geradezu in die Hände. China und seine wichtigsten Vertreter haben sicher schon lange gehandelt und sich abgesichert, und die vermeintlichen Freunde der westlichen Welt stehen nun beleidigt und enttäuscht vor einem Vertrauensscheiterhaufen. Der Sunnyboy im Weißen Haus hat ihnen etwas von Freundschaft vorgegaukelt und grinst sich einen ob so viel Naivität.

Edward Snowden aber, der abgeschottet im kalten russischen Exil seine Tage fristen muss, verdient den Friedensnobelpreis, immerhin hat er den Politikern in aller Welt die Augen geöffnet und ihnen erzählt wer Freund ist und wer nicht. Wir aber die einfachen Bürger, die ebenfalls täglich das Internet benutzen und die Handys mit ihren Applikationen, wir müssen uns davon verabschieden, dass das Recht des Einzelnen noch viel Wert ist. Wir alle werden überwacht, und wenn es irgendeinem „ großen Bruder „ nicht passt,werden wir jederzeit zur Rechenschaft gezogen. Zwischen Franz Kafkas Schloss und George Orwells1984 bewegen wir uns nun im 21. Jahrhundert. Der amerikanischen  Sicherheitsschizophrenie sei Dank.

quarta-feira, 4 de setembro de 2013

Barack Obamas Eigentor


Von Fußball versteht Barack Obama und die amerikanische Administration  wenig, sonst wüssten sie was ein Eigentor ist. Beim American Football kennt man das nicht, nur eine sogenannte Interception. Dabei fängt man den Ball wenn der Gegner einen Angriff aufbaut und stürmt mit aller Macht in die gegnerische Hälfte. Genau das hat der amerikanische Geheimdienst NSA getan, er sollte eigentlich verteidigen, nämlich die Sicherheit des Landes, aber dabei kann es schon einmal vorkommen, dass man Freund und Feind angreift und einfach überrennt. Beim Spiel gelingt dann häufig ein „ touch-down“ und man sammelt sechs Punkte. In der Politik aber, und besonders bei der Geheimpolitik kann man damit zwar die Geheimnisse von Freund und Feind ausspähen aber Punkte kann man keine sammeln. Im Gegenteil man macht sich auch Freunde zu Feinden.

So war es kein Wunder, dass die Veröffentlichung von Geheimdokumenten die zeigten, dass der NSA auch Gespräche und e-mails der brasilianischen Präsidentin mitgeschnitten hat, in Brasilia wie eine Bombe detonierte. Die Empörung ist grenzenlos, und die sorgsam aufgebaute Vertrauensbasis zwischen Präsident Obama und Präsidentin Dilma, ist erst einmal zerrüttet. Wie stark das sein wird und wie lange dies anhält, das weiß im Augenblick niemand, aber eines ist sicher: Die amerikanische Verwaltung und ihr Präsident haben ein klassisches Eigentor geschossen, wenn man auch noch die besten Freund betrügt.

sexta-feira, 16 de agosto de 2013

Der Unsinn der Omnibusspuren in São Paulo


Das Automobil ist eine großartige Errungenschaft der Technik. Es bringt einen wann immer man will von einem Platz zum anderen. Man muss auf keinen Omnibus warten, sich nicht mit Anderen zusammenpferchen lassen und bewegt sich auch sicherer fort. So jedenfalls empfinden es Millionen Fahrzeugbesitzer, weshalb sie sich täglich hinters Steuer setzen um sich fortzubewegen. Ganz nebenbei ist die Automobilindustrie zu einem der wichtigsten Industriezweige geworden. Die Volkswirtschaft vieler Länder hängt davon ab. Doch um zu fahren braucht man Straßen, diese baut weder der Fahrzeughersteller noch der Käufer, sondern der Staat, der sich dafür auch mit Steuern kräftig bezahlen lässt. Doch in vielen Ländern, so auch in Brasilien, werden diese Einnahmen nicht oder nur teilweise für den Ausbau der Verkehrswege benützt. Die Einnahmen gehen irgendwie im gesamten Staatshaushalt unter. Dann kommt es zu einer Situation, die wir heute in Brasilien haben. Zu viele Autos und zu wenig  Straßen, und diese auch noch vielfach in einem schlechten Zustand.

Noch schlimmer ist es aber in den Städten. Für viele Bürger ist das Auto ein Statussymbol, man kann damit zeigen, dass man genügend Geld verdient, und gerade in den letzten Jahren  stiegen viele Bewohner gesellschaftlich auf, und vom Omnibus auf das eigene Fahrzeug um. Die Stadtverwaltungen haben aber wenig oder fast nichts getan um mit diesem Zuwachs zurecht zu kommen. Der Erfolg, enorme Staus, und die Durchschnittsgeschwindigkeit sinkt immer mehr.

Nun hat  die Stadtverwaltung von São Paulo entschieden, dass man durch neue Omnibusspuren die Individualfahrer wieder zum öffentlichen Verkehrsmittel zurückholt. Viele Hauptverkehrsstraßen erhalten eine exklusive Spur, doch keineswegs zusätzlich. Der Erfolg, die Verkehrsstaus haben sich nochmals kräftig erhöht, niemand bewegt sich mit mehr als 20 Km/h. Man nimmt gerne die Steuern der Autofahrer ein, dafür wird ihnen aber eine Fahrspur weggenommen. Ob soviel Unsinn sollten sie nun auch demonstrieren.

sexta-feira, 9 de agosto de 2013

Die andere Seite der modernen Technik


Die moderne Technik bietet uns viele Möglichkeiten. Man sagte einmal, die Technik sei ein Segen. Sie brachte uns Strom, Lebensqualität und eine hervorragende Kommunikation. Diese Verbindung ist heute so perfekt, dass wir an jedem beliebigen Ort mit Jedermann zu jeder Zeit  direkt Kontakt aufnehmen können, auch visuell. Wir erfahren alles was passiert, wir wissen alles was uns interessiert, es gibt keine Geheimnisse mehr. Aber gerade dies ist nun die negative Seite dieses Fortschritts, wir sind dabei keine Individuen mehr zu sein, die ihr persönliches Geheimnis und ihre Privatsphäre haben, wir werden zu öffentlichen Personen, ob wir wollen oder nicht. Niemand fragt uns, niemand schützt uns. Der ganze Kampf um Menschenrechte, der über 200 Jahre geführt wurde, wird mit einem Mal vom angeblich freiesten Land der Welt unterminiert und aufgelöst.

Der amerikanische Geheimdienst hat zu jeder Mail und zu jeder Kommunikation die weltweit geführt wird Zugang. Die englischen und französischen Sicherheitsdienste haben längst ebenfalls ihr Netz so ausgelegt, dass sie alles was gerade interessiert abhören, kopieren und verwenden können. Der deutsche Dienst hat die Möglichkeit sich in diese Systeme einzuklinken, obwohl man das von politischer Seite verneint. Die Empörung bei den Politikern hält sich in Grenzen, man wusste es ja, auch wenn man es nicht zugeben will.

Nun beschwert sich der brasilianische Außenminister bei der UNO, unterstützt von einigen südamerikanischen Nachbarn. Man hört ihm zu und geht zur Tagesordnung über. Gleichzeitig versuchte aber die brasilianische Wahlbehörde die Daten von 140 Millionen Bürgern an eine private Firma zur Auswertung zu geben. Zum Glück war die Presse wachsam und alarmierte die Öffentlichkeit. Unter diesem Druck wurde die Übergabe erst einmal verboten, hoffentlich bleibt es dabei. Doch die Tendenz zur totalen Transparenz des Individuums ist kaum aufzuhalten, dafür sorgen die Milliarden Teilnehmer der sozialen Netze schon selbst dafür. Die Zukunft beschrieben weitsichtige Autoren schon vor mehr als einem halben Jahrhundert: George Orwell in „ 1984“ und Aldous Huxley in  – „ Eine schöne neue Welt. „

 

quinta-feira, 11 de julho de 2013

Das Geschäft mit "X"


Als Kinder benützten wir immer einen Schüttelreim wenn etwas bei Spiel nicht klappte:

Das war ein Spiel mit x – das war wohl nix.

Später lernte man in der Mathematik die Größe – x – als eine Unbekannte kennen.

Das war wohl auch der Hintergedanke, als der Unternehmer Eike Batista sein Firmenimperium zusammenbaute. Jede Firma erhielt den Zusatz – X -.  Das begann mit der Holding EBX, setzte sich in der Minengesellschaft MMX fort, über die Ölgesellschaft OGX, die Werft OSX, die Energiefirma MPX, die Kohlegesellschaft CCX bis zu einer Logistikgesellschaft LLX. Alle diese Firmen sind an der Börse von São Paulo notiert, und wurden durch die starke Persönlichkeit ihres Gründers,  und geschickte Pressewerbung zu bevorzugten Anlagen für risikobereite Unternehmer. Davon gab es offensichtlich genug. Mit dem vorhandenen Kapital begannen nun diese Firmen zu arbeiten, sie schürften Gold und Erz, investierten in die off-shore-Ölförderung, bauten Häfen und versprachen für die Zukunft große Gewinne. Denn die meisten Firmen befanden sich noch in der Phase der Planung und des Aufbaus, reale Ergebnisse wurden nicht erzielt.

Der Erwartungsboom ging aber soweit, dass der Hauptinhaber zu Beginn des Jahres 2013 als der reichste Mann Brasiliens und einer der zehn reichsten der Welt bewertet wurde. Sein Vermögen wurde mit über 30 Milliarden US Dollar veranschlagt.

Ein halbes Jahr später, und nach der Bekanntgabe, dass die Ölfördererwartungen der Firma OGX sich nicht erfüllen würden, begannen jedoch die Börsennotierungen der gesamten X-Firmen ins Bodenlose zu rutschen.  Das Vertrauen, das man dem Hauptaktionär in der Vergangenheit entgegenbrachte, verwandelte sich in Misstrauen, Zweifel und Unsicherheit. Wer noch konnte stieg aus, Aktionäre, Aufsichtsräte und Mitarbeiter. Aus dem Megaimperium EBX ist ein Trümmerhaufen geworden.

Ohne Schadenfreude zu zeigen, kann man nur sagen: „ Das Geschäft mit X, das war wohl nix.

segunda-feira, 24 de junho de 2013


                                                  Die Facebook-Demokratie

 

Demonstrationen und Aufstände  sind Bewegungen des Volkes, die in der Geschichte immer wieder vorkommen. Eine Gruppe, eine Organisation, ein Staat haben es so an sich, dass sich immer ein Anführer bildet, oder ernannt wird. So lange er seine Funktion gut erledigt und die Erwartungen der Gruppe erfüllt, gewinnt er an Ansehen und kann dieses allmählich in Macht umsetzen. Macht hat aber etwas mit beherrschen und entscheiden zu tun. Im günstigsten Falle entscheidet der Mächtige zum Wohle seiner Gruppe, damit es ihr besser geht, damit ihr Leben angenehmer wird, und damit er in seiner Machtposition bleibt. Häufig, und das ist geradezu menschlich, benützt der Herrschende diese neugewonnene Machtfülle erst einmal zu seinem und dem Wohl seiner engsten Gefährten, seien es Minister, Berater, die Familie oder die Partei. Die Menschheitsgeschichte ist voll von diesen immer wiederkehrenden Vorgängen. Nach dem Zerfall des römischen Reiches waren es in Europa die Päpste und Fürsten, oftmals in Personalunion, die eine Region und ein Volk beherrschten. Zwar kam es immer wieder zu Aufständen, aber diese waren kaum von Erfolg gekrönt, denn die Machtstruktur war so gestaltet, dass der Unterbau des Herrschers mit Disziplin und Geld an ihn gebunden war, und deshalb jede Gegenreaktion sofort niedergeschlagen werden konnte. Deshalb funktionierte dieses System auch etwa 1700 Jahre. Es war zwar nicht human, aber erfolgreich. Erst mit dem Sturm auf die Bastille in Paris im Jahr 1789 gelang es einem ausgebeuteten und revoltierten Volk sich gegen ein degeneriertes Königshaus durchzusetzen. Doch das Ergebnis war leider nicht das erwünschte, ein neuer Führer trat hervor und unterjochte und beherrschte nicht nur sein eigenes Land, sondern nahezu ganz Europa. Aber die Stimme des Volkes verstummte nicht mehr. Es dauerte weiter nahezu ein Jahrhundert, und viele Menschenopfer, bis sich allmählich demokratische Strukturen entwickelten. Demokratisch in diesem Sinne heißt, dass das Volk wie am Anfang wieder bestimmt wer es vertritt, regiert und wichtige staatliche Entscheidungen fällt. Nicht umsonst war man sich im frühen Griechenland schon klar, dass Demokratie die höchste aller Staatsformen sei. Um diese jedoch zu erreichen, benötige man auch ein mündiges Volk, das entsprechend geschult und gebildet ist, um die Regeln der Demokratie zu verstehen und zu beherrschen.  Darin liegt bis heute in vielen Länder der Erde das Problem, dass sie zu schnell von einer Abhängigkeit, sei es kolonialer oder diktatorischer , in die demokratische Unabhängigkeit entlassen wurden, ohne die neuen Regeln zu verstehen und zu beherrschen. Dadurch kam und kommt es immer wieder zu Rückfällen.

Eine ganz andere Entwicklung stellt man aber bereits seit dem 20. Jahrhundert in vielen Demokratien fest, das elitäre Verhalten der Politikerklasse. Einmal gewählt geben sie sich Pfründe und Vorteile, die dem gemeinen Bürger nicht zustehen. In seinem Verhalten benimmt sie sich wie frühere Hofvasallen, die am Versorgungsapparat des Fürsten hingen. Nur alle paar Jahre steigen sie hinab zum gemeinen Volk, um ihm Sand, mittels Versprechungen, in die Augen zu streuen, damit sie wieder vier oder mehr Jahre im Dunstkreis des „ Olymps“ ihrer Eitelkeit frönen können. Dieses pseudodemokratische Verhalten, das wir gerade heute in vielen westlichen Ländern feststellen, führt jedoch zu einer Staatsverdrossenheit, die im günstigsten Falle dazu führt, dass sich eine große Zahl der Bürger für das politische Leben gar nicht mehr interessiert, sich von Wahlen fernhält und seinen eigenen Interessen lebt, solange die Wirtschaft und Struktur eines Landes dem Einzelnen  ein sorgenfreies Leben gewährt. Es bedarf dann aber nur eines kleinen Anlasses um diese Friedfertigkeit und politische Abstinenz zu zerstören, und in eine breite Demonstration oder gar einen  Aufstand zu verwandeln. Genau diese Situation erleben wir dieser Tage zunächst in Istanbul in der  Türkei, und nun in Brasilien. Im ersten Falle war es die Selbstherrlichkeit des Staates und der Stadtverwaltung, eine der wenigen Grünflächen in der Millionenstadt in ein Shopping Center verwandeln zu wollen. Den Bewohnern der Stadt, hat dies gereicht, sie gingen auf die Straße, demonstrierten für das was ihnen wichtig war, und wurden dann brutal von der staatlichen Ordnungsmacht bekämpft. Diese Demonstration griff aber auf andere Städte des Landes über, und plötzlich sah sich der politische Führer, der Ministerpräsident in der Defensive. Er reagierte wir Herrscher eben reagieren, mit Ausdrücken wie: „ Terroristen, Banditen, Revolutionären“. Dabei waren es Bürger die ihn einmal gewählt hatten. Sie akzeptierten nur keine einsamen Entscheidungen zu ihrem Nachteil. Das muss eine Demokratie ertragen. In der Türkei herrscht derzeit eine Situation, i n der der Staat seine militärische Gewalt aufbietet und zu keinem Dialog bereit ist. In der Stille wird weiter demonstriert.

Eine ähnliche Situation löste vor einer Woche in São Paulo die erste Straßendemonstration aus. Der Fahrpreis wurde für öffentliche Verkehrsmittel von drei Real auf 3,20 erhöht. Eigentlich kein Grund zu Beschwerde, wenn man die Erhöhung mit der Inflation vergleicht, doch gerade dieser scheinbar berechtige Zuschlag, war die Zündschnur um eine mit dem Staat unzufriedene Bürgergruppe  in Bewegung zu setzen. Nun entwickelte sich etwas, was in dieser raschen Form heute durch das Internet möglich ist, in den sozialen Netzen Facebook und Twitter multiplizieren sich die Aufrufe zu Demonstrationen, gerade unter der jungen Generation, die einen Teil ihres Lebens ohnehin nur im Netz verbringt. Es ist nicht festzustellen, wer den ersten Aufruf ins Netz gestellt hat, aber seitdem erlebt die Netzgemeinde einen Informationsaustausch mit Aufrufen, Kommentaren, Absprachen, die mühelos zu jeder beliebigen Zeit an jedem Ort Tausende und Abertausende auf die Straße bringen. Der Multiplikationsfaktor ist enorm und verbreitet sich mit Lichtgeschwindigkeit. Das Ergebnis ist, dass derzeit in hunderten brasilianischer Städte demonstriert wird, und dies nicht nur gegen eine Fahrpreiserhöhung, sondern gegen alles, was in diesem Land schlecht funktioniert, das ist nicht eben wenig. Es sind keineswegs die Favela-Bewohner oder die Unterprivilegierten, die der Staatsmacht zeigen, dass sie unzufrieden sind, es sind die Bürgersöhne und Töchter, die genug zu essen haben, die an öffentlichen und privaten Universitäten studieren, oder gar ordentlich bezahlte Jobs haben, aber sie alle haben genug von Korruption und Vetternwirtschaft der Politiker, ihrer Selbstherrlichkeit, schlechter staatlicher Gesundheitsversorgung und mieser öffentlicher Schulen. Sie zeigen ihr Unverständnis gegen Milliardenausgaben für die Fußballweltmeisterschaft und Einsparungen bei der täglichen Versorgung.

Dies hat die Politiker jeder Couleur kalt erwischt, in São Paulo sieht man den frischgebackenen PT-Bürgermeister Schulter an Schulter mit dem PSDB-Gouverneur seine zwanzig Centavos-Erhöhung solange zu verteidigen, bis er nicht mehr kann und sie wieder zurücknimmt. Kein Politiker schlägt derzeit aus den Demonstrationen Kapital, wenn Parteianhänger mit Fahnen auftauchen, werden sie ausgeschlossen und die Banner zerrissen. Die Demonstrierenden sind keine Parteianhänger, es sind junge Bürger, die ihr Recht wollen. Das sich dazwischen Randalierer und Gewalttäter einmischen ist nicht gewollt, aber die staatliche Ordnungskraft ist so verunsichert, dass sie nicht einmal mehr gegen diese einschreiten. Die  Demokratie ist heute in den Händen der jungen Brasilianer, die genug von den Machenschaften der Machtgeneration haben und für eine gerechtere Zukunft kämpfen, ihr Versammlungsfeld ist Facebook  und Twitter, dort holen sie ihre Information, berichten über ihr Denken und die Ergebnisse und stimulieren sich gegenseitig. Dem hat die Machtbasis Brasilia derzeit nichts entgegenzusetzen, sie ist ratlos.

Es kann gut sein, dass sich die Bewegungen wieder verlaufen werden, so wie „occupy Wallstreet“, aber was bleiben sollte, ist die Erkenntnis, dass sich Denken, Handeln und Kommunikation der Politikerschicht ändern muss. Die jungen Generation will nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden, und nicht nur Entscheidungen empfangen, sie will mitdiskutieren und mitbestimmen, nicht als Partei und nicht als einzelne Anführer, sondern als Generation des Internet, das keine Hierarchie mehr kennt. Das müssen nun die Politiker erst einmal lernen.

 

Eek 21.6.2013

 

 

segunda-feira, 10 de junho de 2013

Beschwert Euch !


                                                

 

Heute wurde bekannt, dass Professor Walter Jens aus Tübingen mit 91 Jahren verschieden ist. Er war wohl in der deutschen Nachkriegszeit eine der schillerndsten akademischen Persönlichkeiten, der weit über die Universitätskreise hinaus bekannt wurde und auch eine gewisse Wirkung erzielte. Walter Jens war der erste, der einen Lehrstuhl für Allgemeine Rhetorik an einer deutschen Universität erhielt, und dieses Instrument wandte er auch häufig an. 1963 als er seine Professur aufnahm, entstanden bereits die ersten studentischen Demonstrationsbewegungen in deutschen Städten, Tübingen war davon wenig berührt, und Jens war als Ausgebildeter in klassischer Philologie noch zu sehr der Tradition verhaftet. Doch die 68er Bewegung ging an ihm nicht spurlos vorüber, er bewegte sich heraus aus seinem akademischen Turm und beschäftigte sich mit der Gegenwart, mit der deutschen Politik, die er zu diesen Jahren nicht gut heißen konnte. So kam er, obwohl er ein Anhänger der christlichen Kirche war, mit der politischen Führung in Deutschland in Konflikt, das ging so weit, dass Kanzler Helmut Kohl in als Kommunisten beschimpfte, weil er sich stark in der internationalen Friedensbewegung engagierte. Dabei ging es ihm nur um eine friedliche, demokratische Gesellschaft. 1990, während des ersten Golfkriegs versteckte er desertierte US-Soldaten, was ihm einen Prozess wegen Beihilfe zu Fahnenflucht einbrachte. Die Änderungen der Sozialgesetze in Deutschland, durch die Regierung Gerhard Schröder nannte er, „ eine völlige Ökonomisierung der Gesellschaft“. Damit bezog Jens stets eine individuelle, aber ehrliche Position wenn es ihm erschien, dass ein Staat seinen Bürgern gegenüber Unrecht anwenden würde.

Stéphane Hessel, der aus Berlin gebürtige französische Diplomat, trat vor einigen Jahren mit einer schmalen Broschüre an die Öffentlichkeit, die weltweites Aufsehen erregte: „indignez-vous“, „ empört Euch“ war der Titel. Er wollte es im hohen Alter einfach nicht hinnehmen, dass selbst in demokratisch gewählten Staaten, die Regierungen selbstherrlich handelten und sich so weit von den Nöten und Bedürfnissen der Bürger entfernten, dass der junge Wähler sich nicht mehr durch den Staat vertreten sieht, und entweder gleichgültig oder mit Gewalt antwortet.

Stéphane Hessels Schrift war ein Aufschrei, eines erfahrenen Staatsdieners, der nicht abgehen wollte, ohne seinem Gefühl für Gerechtigkeit nochmals freien Lauf gelassen zu haben, Walter Jens wurde dies durch seine Alzheimer-Krankheit verwehrt. Beide sind nun nicht mehr. Aber wir hören derzeit von dem Prozess gegen den amerikanischen Obergefreiten Bradley Manning, der lebenslang ins Gefängnis soll, und knapp dem elektrischen Stuhl entgehen wird, nur weil er amerikanische Kriegsgreueltaten im Irak ins Netz stellte, und so jedermann zugänglich machte. Edward Snowden ist auf der Flucht, weil er als IT-Mitarbeiter beim amerikanischen Geheimdienst NSA feststellte, dass der Staat beliebig mit jedem Bürger „ Big Brother „ spielte. Mit einem Gesetz, das 2001 im Schnellverfahren abgesegnet wurde, kann und wird nach Belieben das Telefon oder die Internetverbindung eines jeden amerikanischen Bürgers kontrolliert und überwacht. In der Zeit zwischen 1950 und 1990 wurde das in den westlichen Ländern als KGB-Methode angeprangert. Aber ein Land, das Verdächtige bereits zwölf Jahre ohne Gerichtsurteil festhält, menschenunwürdig behandelt und foltert, ist auch dazu fähig die Persönlichkeitsfreiheit seiner Bürger einzuschränken. Alles zum Wohle der allgemeinen Sicherheit.

Glücklicherweise gibt es noch Zivilcourage und Menschen die nicht auf ihren finanziellen Vorteil schauen, Bürger die wie in Istanbul auf die Straße gehen um für die Lebensqualität und den Erhalt eines Parks zu demonstrieren. Die sich von ihrem ersten Politiker als Terroristen beschimpfen lassen müssen, nur weil sie nicht einsehen wollen, dass korrupte Städteplaner einen Park in ein Luxus-Shopping Center verwandeln dürfen. Ebenso konnte ein Bradley Manning nicht ruhig bleiben, als er die Horrorbilder sah, wie amerikanische Soldaten Zivilisten wie wilde Tiere vor sich hertrieben und aus dem Hubschrauber wie Ratten abschossen. Dafür soll er nun den Rest seines Lebens in einem sogenannten „ Correctional Center „ verbringen, wie die amerikanischen Gefängnisse so schön heißen. Da muss man schon fragen, wer soll korrigiert werden, der Soldat der sich empört, oder die Vorgesetzten die solche Kriegsgreuel zugelassen haben? Edward Snowden hat die National Security Agency, bei der er arbeitete und die Geheimnisse mitbekam, rechtzeitig verlassen und befindet sich seitdem auf der Flucht. Die staatlichen Häscher werden ihn irgendwann, irgendwie erwischen.

Der Bogen von Walter Jens über Stéphane Hessel bis Bradley Manning und Edward Snowden ist weitgespannt. Allen war und ist die Freiheit des Individuums und die Gerechtigkeit des Einzelnen wichtiger als eine Staatsmacht, die auch in westlichen Ländern, immer mehr nur noch die Herrschsucht und den Machthunger der führenden Politiker  befriedigt. Was bleibt dem einzelnen Bürger? Sich zu beschweren und keine Ungerechtigkeit zu schlucken. Das ist oft sehr unangenehm und gefährlich, aber es ist die Pflicht eines Bürgers, wenn er wirklich in einer freien Gesellschaft leben will.

terça-feira, 4 de junho de 2013

Brasilien, eine Wirtschaftsinsel



Brasilien ist ein großes Land. In den letzten zehn Jahren haben es viele Bürger geschafft ihre Lebensqualität zu verbessern, sei es mit Unterstützung der Regierung, sei es durch eine bessere Ausbildung, oder durch die seit einiger Zeit verzeichnete Vollbeschäftigung. Die Regierung, die Unternehmer und die Bürger könnten zufrieden sein. Doch trotz Vollbeschäftigung wächst die Wirtschaft des Landes nicht mehr, die Industrie meldet sogar rückläufige Zahlen. Stillstand heißt aber Rückschritt, und dies wird befürchtet wenn sich die Situation nicht ändern sollte.

Was läuft falsch im Lande? Brasilien ist trotz einem wachsenden Außenhandel eine Insel geworden. Importiert werden hochwertige Maschinen, Elektronikprodukte und viele Konsumartikel. Exportiert wird aber nur Eisenerz, Soja, Mais, Kaffee und sonstige Rohprodukte. Die Handelsbilanz hat eine Tendenz immer negativer zu werden, da es trotz hoher Importzölle billiger ist viele Produkte zu importieren als im Lande herzustellen. Die national hergestellten Produkte haben aber auf dem Weltmarkt immer weniger Chancen, da sie zu teuer sind. Das hat zwar mit dem Wechselkurs zu tun, da der Real noch überbewertet ist, aber was viel schlimmer ist, Brasilien hat es versäumt mit anderen interessanten Ländern Freihandelsabkommen abzuschließen. Durch den Mercosul ist man an Länder wie Argentinien und Venezuela gebunden, die selbst immer weniger in Brasilien kaufen, und kann nicht alleine Abkommen mit anderen Märkten schließen.

Deshalb steht Brasilien vor einem Scheideweg, entweder man befreit sich von den kranken und unbeweglichen Partnern in Südamerika, oder man wird von ihrer Lethargie und schlechter Wirtschaft angesteckt.

quarta-feira, 15 de maio de 2013

Die Könige von heute


Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige, doch Könige haben wir schon lange nicht mehr, weder in Deutschland noch in Brasilien. Dies bemerkte man einmal mehr bei der Eröffnung der deutsch-brasilianischen Wirtschaftstage in São Paulo, die das Deutschlandjahr in Brasilien einläuten sollten. Über tausend Besucher aus ganz Europa, Brasilien ja selbst aus Indien, die viele bedeutende Firmen und Institutionen vertraten, mussten eine Stunde lang warten bis sich die Damen und Herren Staatsvertreter bequemten auf der Bühne zu erscheinen. Dann gab es nicht ein einziges Wort der Entschuldigung, das diese Verspätung erklärt hätte. Man ging einfach zur Tagesordnung über.

Friedrich der Große sagte, dass er der erste Diener seines Staates wäre. Deshalb nannte man ihn wohl auch den „ Großen“ .Doch diese Größe vermisst man heute bei vielen politischen Repräsentanten. Sobald sie gewählt sind, vergessen sie ihren Auftrag und streben nur nach Macht. Diese Macht wird dadurch unter Anderem gezeigt, dass man das Volk nach Belieben warten lässt und ihm damit seine Unwichtigkeit zeigt.

Wenn selbst unsere höchsten Staatsvertreter sich dieses schlechte Benehmen angewöhnt haben, was kann man dann vom Volk, und besonders von der nächsten Generation erwarten?

Man muss besorgt sein.

terça-feira, 30 de abril de 2013

Der Vorteil ein jugendlicher Straftäter zu sein



 

In den letzten Wochen geschahen im Raum São Paulo einige Straftaten, die ein besonderes Echo sowohl in der Presse, als auch beim Publikum hervorriefen. Es waren grausame und hinterlistige Anschläge auf das Leben unschuldiger Menschen. Das Besondere daran ist, dass sie von Minderjährigen begangen wurden. Dies führt ganz natürlich zu einer öffentlichen Diskussion über das Strafrecht für Heranwachsende. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass man unter Achtzehnjährige nicht mit der Härte des Gesetzes bestrafen, sondern sie korrigieren und von ihrem Irrtum abbringen soll. Dazu hat man besondere Einrichtungen geschaffen, sie werden CASA genannt  (früher FEBEM). Ein irreführender Begriff, denn er hat nichts mit einem Wohnheim zu tun, sondern es sind Jugendstrafanstalten. Man kann sie eher als Lehrwerkstätten der Kriminalität bezeichnen. Dort darf man nicht länger als drei Jahre verweilen und geht dann mit weißer Weste wieder in die Gesellschaft zurück. Gleichgültig ob man gestohlen, geraubt oder gemordet hat.

Die letzten Vorfälle zeigen, dass die kriminellen Jugendlichen sehr gut das Recht ihrer Sonderbehandlung kennen und deshalb besonders  motiviert und rücksichtslos ihre Verbrechen begehen. Man findet gar immer mehr Verbrechergruppen, die sich einen Jugendlichen halten, der dann die schwersten Delikte auf sich nimmt und somit seinen erwachsenen Kollegen eine mildere Strafe garantiert.

Die Justiz, die Verantwortlichen und die Gesellschaft schauen passiv zu, empören sich, demonstrieren vielleicht, aber die Politiker ändern nichts daran. Sie schützen den jugendlichen Verbrecher, ob sie es einsehen wollen oder nicht.

segunda-feira, 29 de abril de 2013

Wie du mir, so ich dir


                                                   

                                   die taktischen Demokratiespiele in Brasilien

 

Ansich war es doch etwas Unerhörtes: das oberste Verfassungsgericht verurteilte führende Politiker der Regierungspartei PT und einiger Koalitionsparteien zu langjährigen Haftstrafen, die sogar abgesessen werden müssten, wenn es tatsächlich dabei bliebe. Da aber in Brasilien nahezu alles biegsam ist, gibt es auch wieder die Möglichkeit, dass selbst gegen ein Urteil des obersten Verfassungsgerichts nochmals Einspruch erhoben werden kann. Dann muss dasselbe Gericht sein eigenes Urteil nochmals überprüfen, eine interessante demokratische Variante. Im Falle der Urteile wegen der Gründung einer kriminellen Vereinigung, welche recht schwer wiegen, die gegen zwei derzeitige Bundesabgeordnete, den ehemaligen PT-Parteivorsitzenden José Genoino und den ehemaligen Parlamentspräsidenten João Paulo Cunha sowie den ehemaligen Chefminister José Dirceu gefällt wurden, könnte dieser Einspruch tatsächlich Erfolg haben. Die Urteile fielen sehr knapp aus, mit 5 zu 4 Richterstimmen erfolgte die Verurteilung. Nun sind seitdem zwei der Bundesrichter in den Ruhestand gegangen, beide stimmten für die Verurteilung. Die Nachfolger wurden oder werden noch von der Präsidentin Dilma Rousseff ernannt. Man kann sich also leicht vorstellen, dass diese Neulinge anders abstimmen werden, und damit die von der Bevölkerung so begrüßten Urteile gegen korrupte Politiker, außer Kraft gesetzt werden.

Doch solange wollten die verurteilten Politiker und ihre Kollegen garnicht warten. Sie animierten ihre Kollegen im Rechtsausschuss des Kongresses, eine neue Präambel in die Verfassung aufzunehmen, die dem Kongress das Recht geben würde, Urteile des obersten Gerichts zu revidieren oder gar zu anullieren. Interessanterweise sitzen nun aber gerade zwei dieser Verurteilten im Rechtsausschuss und stimmten natürlich für den Entwurf. Dieser Vorgang ist sehr fragwürdig, wenn nicht sogar unmoralisch und antiethisch, allein der Entwurf ansich ist ein Versuch die demokratische Gewaltentrennung zwischen der Legislative und der Judikative auszuhebeln.

Da in Brasilien Politik mit sehr viel Emotionen gemacht wird, und auch die Herren Verfassungsrichter nicht ganz frei davon sind, setzte der honorige Richter Gilmar Mendes gleich ein entsprechendes Zeichen: er verhängte eine einstweilieg Verfügung gegen einen anderen Gesetzentwurf, nämlich die Beschneidung von Parteineugründungen. Da Präsidentin Dilma sich bereits im Wahlkampf befindet, obwohl die nächste Wahl erst im Oktober 2014 ansteht, hätte sie es natürlich gerne gesehen, dass eventuelle Kandidaten oder Kandidatinnen, die als Wahlplattform  eine neue Partei gründen wollen, dafür weder Mittel aus der Staatskasse noch Fernseh und Rundfunkrechte erhalten sollen. Dies zielt besonders auf die ehemalige Ministerin und Präsidentschaftskandidatin von 2010, Marina Silva, die dabei ist für ihre Bewegung eine neue Partei zu gründen. Auf einen Antrag der Oppositionsparteien hin, erließ Richter Mendes unverzüglich eine einstweilige Verfügung, gegen dieses neue Parteiengesetz. Von den Kongressführern wurde dies wiederum als eine unerhörte Einmischung in ihren Bereich  angesehen.

Man sieht, das alttestamentarische Gesetz: Auge um Auge, Zahn um Zahn, findet in der politischen Szene Brasiliens noch heute Anwendung.

segunda-feira, 22 de abril de 2013

Wer hat die bessere Zukunft, Brasilien oder Deutschland?


Dass man von Brasilien als dem Land der Zukunft spricht, ist schon lange eine Tautologie. Seit Stefan Zweig 1940 in seiner Euphorie diesen Begriff geprägt hat, wird er bei allen passenden und unpassenden Gelegenheiten angewandt. Nun hat das Land aber in den letzten zwanzig, und besonders in den letzten zehn Jahren, ohne Zweifel einen enormen Fortschritt durchgemacht. Die beiden Präsidenten, Fernando Henrique Cardoso und danach Luiz Inacio Lula da Silva, haben es tatsächlich fertiggebracht, dass die breite Masse der Bevölkerung, die in der Vergangenheit hauptsächlich um das Existenzminimum kämpfte, sich zu einer unteren Mittelschicht hocharbeitete. Dies geschah zunächst einmal durch die Kontrolle der Inflation, die von der vierstelligen auf eine einstellige Zahl reduziert werden konnte. In einer zweiten Phase griff die soziale Komponente, durch Familien, Milch, Gaszuschüsse, die Familien gewährt wurden, welche unter der Armutsgrenze dahinvegetierten. Diese Neukonsumenten wiederum, bewirkten einen Kauf und Verbraucherschub, der die gesamte Volkswirtschaft weiter brachte. Außer den Basisprodukten: Lebensmittel und Bekleidung, profitiert bis heute die Automobilindustrie davon.

Diese erfreuliche Entwicklung wurde während des ersten Jahrzehnts dieses Jahrhunderts durch die prosperierende Weltwirtschaft noch begünstigt, da Brasilien als Rohstofflieferant gefragt war. Außer den klassischen Produkten: Kaffee, Orangenkonzentrat, Holz und Baumwolle, entwickelte sich die Nachfrage nach Soja auf dem Landwirtschaftssektor, und vor allem Eisenerz für die wachsende Industrialisierung Chinas, mit einer Geschwindigkeit, dass man von einem außenwirtschaftlichen Boom Brasiliens sprechen konnte. Besonders bei den Bodenschätzen konnte der ehemalige staatliche Großkonzern – Vale – praktisch die Preise diktieren. Mit dieser Entwicklung wuchs sowohl das Bruttosozialprodukt, als auch die Kaufkraft der Massen. Die einstmals beträchtliche Staatsverschuldung konnte reduziert, und sogar beachtliche Devisenreserven angelegt werden.

Doch ist dies eine gute Basis für die Zukunft? Die Welt entwickelt sich in einem Tempo weiter, wie es bisher nie geschah. Ein Land wie China, das vor fünfzig Jahren noch so verschlossen war wie heute Nordkorea, entwickelte sich rasant, dass es bereits die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt darstellt, und in den nächsten Jahrzehnten zum Spitzenreiter USA aufschließen wird, wenn nicht gar überholt. Auch Indien schafft es, trotz seiner Masse von Bürgern, die unter der Armutsgrenze nach wie vor dahin vegetieren, eine technologische Entwicklung durchzumachen, die die Wirtschaft des Landes zunächst in Asien, bald aber auch weltweit zu einem ernsten Konkurrenten werden lässt.

Vor einigen Jahren wurde ja diese sehr heterogene Gruppe der BRICS-Länder kreiert, die eigentlich wenig gemein haben, als dass sie auf dem Sprung vom Entwicklungsland zu einer Wirtschaftsmacht sind. Wenn man nun diese fünf Mitgliedsstaaten näher betrachtet, so stellt man rasch fest, dass sie sich in zwei Gruppen teilen. Die eine sind Länder die wenig Bodenschätze besitzen und wie China, sich durch billige Produktionskosten und Disziplin zur „ Werkstatt „ der Welt entwickelten, und Indien, das dank seiner gut ausgebildeten Mittelklasse sowohl im Elektronikbereich, aber besonders in der Entwicklung von Software, ein führender Dienstleister wurde. Die andere Gruppe, bestehend aus Brasilien, Russland und Südafrika, bestreiten ihren Export hauptsächlich mit ihren Bodenschätzen und landwirtschaftlichen Produkten.

Führende Wirtschaftswissenschaftler haben nun die Entwicklungsmöglichkeiten dieser Länder, aber auch der hochentwickelten europäischen Staaten, untersucht und kamen zu dem Schluss, dass die Zukunft eines Landes von seiner Innovationskraft und Produktvielfalt beeinflusst wird. „ Labil ist der Wohlstand überall dort, wo er an einigen wenigen Produkten hängt“, meint der Physiker Luciano Pietronero von der Universität La Sapienzia in Rom. Genau dies ist aber der Fall bei Brasilien, Russland und Südafrika, sie leben von den Deviseneinnahmen der Bodenschätze und im Falle Brasiliens noch von den Agrarprodukten. Technologie und hochentwickelte Produkte findet man in der Exportstatistik dieser Länder wenig.

Vergleicht man diese Situation aber mit der Bundesrepublik Deutschlands, die nicht nur Basismaterialien einführen muss, sondern auch eine ganze Reihe landwirtschaftlicher Produkte, so gelingt es der deutschen Wirtschaft, trotz der Euro-Krise und den Divergenzen in der Europäischen Gemeinschaft, sich weiterhin als ein führendes Exportland von ständig weiterentwickelter Technologie auszuzeichnen. Dies basiert nicht nur auf der Arbeit von wenigen Großkonzernen, die Leistungen kommen vielfach aus den Entwicklungslaboren und Werkstätten der mittelständischen oder gar Kleinindustrie. Damit schafft das Land Mehrwert, der immer weltweit Abnehmer finden wird, und damit der Bevölkerung nicht nur Vollbeschäftigung, sondern auch Wohlstand garantieren kann.

Brasilien aber, das so gelobte „Gottes eigene Land“, hat bis heute noch kein klares Rezept wie es einen Beitrag zur technischen Weiterentwicklung oder fortschrittlichen Spezialisierung auf weltweit gefragten Gebieten leisten kann.

Wie bereits gesagt, die Entwicklung geht mit rasender Geschwindigkeit weiter und wer mit diesem Zug nicht mitfährt bleibt zurück. Es mag noch eine Weile gehen, dass Brasilien von seinem hungrigen und großen Binnenmarkt leben kann, aber bereits im nächsten Jahrzehnt kann eine Stagnation erfolgen, die Brasiliens Entwicklungs- und Wirtschaftskonzept empfindlich beeinflussen wird.

Das Land könnte es, die führenden Köpfe wissen es, aber es fehlt sowohl eine Strategie als auch der Wille zu einer mittel- bis langfristigen Diversifizierungs- und Technologiekonzeption. In den 1950er Jahren hat es Präsident Juscelino Kubitschek vorgemacht, danach erfuhr das Land eine industrielle Entwicklung, die erst durch die Militärs und ihre falsche Großmannssucht in den 1970er Jahren beeinträchtigt wurde. Davon hat sich weder die Wirtschaft, noch die Entwicklung des Landes bis heute voll erholt.

Das Deutschlandjahr in Brasilien ab Mai 2013 könnte ein Impulsgeber zu verstärkter technologischer Zusammenarbeit werden, wenn nur von Seiten Brasiliens die Bereitschaft zu Flexibilität kommen würde, aber sowohl veraltete Arbeitsgesetze, als auch ein Wulst von Abgaben, Steuern und Vorschriften behindert eine rasche Veränderung der brasilianischen Wirtschaftslandschaft. Dazu kommen noch die allseits bekannten und reklamierten Engpässe der Infrastruktur. Wahrlich keine guten Aussichten für eine rasche Änderung der Situation.

Die Welt wartet aber nicht auf Brasilien, sondern das Land muss sich dringend Gedanken machen, wie es nach den großen Festen in den Jahren 2014 und 2016 weitergehen soll.

Eckhard E. Kupfer

segunda-feira, 25 de março de 2013


Über das Alter

 

An meinem 59. Geburtstag saß ich mit Kollegen, den Länderchefs aus Lateinamerika, der Organisation für die ich tätig war, zusammen. Beim Zuprosten kam dann die Frage nach dem Alter jedes Einzelnen auf. Das Ergebnis, der Zweitälteste war 20 Jahre jünger als ich. Dies war für mich die erste Begegnung mit dem Alter. Im Jahr darauf nahm ich dann auch Abschied von dem Berufsleben, das mich über 30 Jahre beschäftigt und auch manchesmal fasziniert hatte. Ich erkannte, meine Zeit in diesem Bereich war abgelaufen.

Dabei fühlte ich mich noch keineswegs alt, gesundheitliche Probleme hatte ich nicht, im Gegenteil, ich stand in der Blüte meiner sportlichen Laufbahn, ein Jahr zuvor hatte ich mir einen Traum erfüllt, den ersten Marathonlauf meines Lebens erfolgreich durchgestanden, und dies auch noch im von mir so geliebten New York. Als Läufer gab es für mich ein Lebenlang zwei besondere Höhepunkte, die nicht nur vom sportlichen Aspekt her ein „high light“ waren: Der Marathon von New York und der Sylvesterlauf von São Paulo. Durch die Straßen, die Avenues und über die Brücken New Yorks zu Fuß zu laufen, die an Werktagen von Taxis, Autoschlangen und einer Unzahl von Omnibussen beherrscht werden. Dazu noch die immer dahin hastenden New Yorker Fußgänger. All dies war am Sonntag des New York Marathons anders. Früh musste man die Busse besteigen, welche die Teilnehmer nach Staten Island brachten. Dort „kampierte“ man dann mehrere Stunden in der Kälte eines frischen Novembertags, bis man schließlich wie eine Meute hungriger Hunde losgelassen wurde. Die Masse Mensch rannte dann die Verrazano-Narrows-Bridge hinauf und hinunter und entlud sich dabei der wärmenden Trainingskleidung, die trotz des eisigen Windes bald überflüssig wurde. Brooklin wurde durchquert, man begegnete sonntäglichen Kirchgängern, wurde von Freizeitmusikern angetrieben und passierte die vielen in traditionellem Schwarz gekleideten orthodoxen Juden, die völlig unbeteiligt mit sich selbst beschäftigt waren. Als man dann über die Queensboro-Bridge endlich Manhattan erreichte, war die Hälfte der Strecke bereits zurückgelegt. Man lief zwischen den Häuserschluchten die First Avenue entlang und hatte den Eindruck, dass sie nie enden würde. Dann wurden um Kilometer 30 auch zum ersten Mal die Beine schwer, mit Wasser, Karbohydraten und einigen hundert Meter gehen hatte man aufgetankt und den Rythmus wieder gefunden. Über den Stadtteil Bronx, mit seinem weniger guten Ruf, ging dann der Weg zurück, die vornehme Fifth Avenue entlang und als man die ersten Sträucher und Bäume des Central Parks erreichte, wähnte man sich bereits am Ziel. Doch es ging nochmals gut und gerne 5 Kilometer durch den Park hinaus zur 59. Straße und schließlich wieder in den Park um das Ziel zu erreichen. Danach schwankte man zwischen grenzenloser Müdigkeit und dem erhabenen Glücksgefühl als ob man die Türe zu einem anderen, einem neuen Leben aufgestoßen hätte.

Tage später begann Amerikas Unglück, George Bush, war zum 43. Präsidenten gewählt worden, aber als erfolgreicher Marathonläufer bewegte man sich auf anderen Ebenen. Ähnlich erging es mir auch als ich es wagte an meinem ersten Sylvesterlauf teilzunehmen. In dem so unglaublich jungen Alter von 54 Jahren. Davon träumte ich seit Erich Kruzickys Sieg im Jahr 1951. Nur durch seinen Erfolg wurde damals in Deutschland bekannt, dass es diesen Lauf überhaupt gab. In den folgenden Jahren nahm einer der erfolgreichsten Langstreckenläufer der damaligen Zeit, Emil Zatopek, daran teil und gewann.

Nach diesen persönlichen Erfolgen wurde nicht im geringsten an das Altwerden gedacht, eben hatte ja ein neues Leben begonnen, das auch sonst eine Menge neuer Erfolge brachte, im zwischenmenschlichen Bereich. Es folgten weitere Marathon und sonstige Langläufe. „unheilbar gesund“ wäre ich, sagte ich zu meinem Arzt. Der lächelte nur, als ob er vorausgesehen hätte, dass dies nur noch einmal ein Aufbäumen vor dem unweigerlich entstehenden Alterungsprozess gewesen wäre. Doch es blieb nicht bei den sportlichen Leistungen, auch neue berufliche Herausforderungen warteten. Nach 35 Jahren zwar erfolgreicher, aber eher einer Pflichttätigkeit war ich endlich angekommen, wurde gebeten ein Kulturinstitut zu leiten und konnte damit Neigung, Interesse, Freude, Hobby und Erfahrung richtig einbringen und anwenden. Es begann ein neuer Lernprozess, denn Einwanderungsgeschichte war nicht mein Thema gewesen. Dabei entpuppte es sich als so spannend wie ein Kriminalroman. Diese neue Herausforderung war gut für das Gedächtnis, für die Aufnahmefähigkeit, aber brachte auch den Umgang mit älteren und alten Menchen, denn wer sich für seine Familiengeschichte interessiert, ist, mit wenig Ausnahmen über 65. Richtig interessant wurde es aber, wenn bei den Interviews zur „ oral history“ Personen von 80 und 90 Jahren ihr Leben und ihre Familiengeschichte erzählten. Das war oft sehr faszinierend, aber zugleich konnte man die Schwierigkeit der Interviewpartner erkennen, sich zu erinnern. Wobei die weiter zurück liegende Vergangenheit weit besser wiedergegeben werden konnte, als die jüngere. Oder sie hatten in ihrem Leben irgendeinen Höhepunkt erlebt, der sie markierte. Dieser bleibt haften, in einem Fall war es das Verbot des Stiefvaters den Jungen auf ein Gymnasium zu schicken, er saß auf einem Stein am Straßenrand und weinte, wobei sowohl Zeit, Ort und die Umgebung genau beschrieben werden konnte. In einem anderen Fall war es der Einsatz mit 23 Jahren als Kriegsreporter in Italien. Obwohl das Leben danach eine sehr erfolgreiche Karriere im Wirtschaftsbereich brachte, im Alter verschwand dieser Erfolg, was blieb war Rom in der Kriegs- und Nachkriegszeit. Neben dem lückenhaften Erinnerungsvermögen, das zum Beispiel Douwe Draaisma in seinem Buch „Die Heimwehfabrik“ sehr detailliert beschreibt, begleitet man auch den physischen Verfall des Menschen. Wobei ich bei dem Thema wäre, das mich derzeit am meisten beschäftigt.

Nicht umsonst begann ich diese Abhandlung mit meinem späten sportlichen Höhepunkt, der heute nicht mehr so ungewöhnlich ist, seit die Laufbewegung Hundertausende wenn nicht gar Millionen auf die Beine brachte. Früher war die sportliche Aktivität spätestens mit 30 Jahren beendet, danach wurde man bereits als „alter Mann“ bezeichnet. In vielen Sportarten ist dies heute noch so, wenngleich beim Fußball  mehr und mehr 30 bis 40 Jährige noch auf hohem Niveau spielen, dies gilt auch für die Leichathletik, wo der Athlet vielmehr momentane Spitzenleistungen hervorbringen muss als der Fußballspieler. Oder betrachten wir die Tennisspieler, der einmalige Roger Federer wird mit 31 Jahren bereits als „alter Mann“ bezeichnet, obwohl er weiterhin auf höchstem Niveau spielt, während ein Großteil seiner Konkurrenten jenseits von 25 Jahren bereits mit schweren Verletzungen und damit verbundenem Leistungsschwund zu kämpfen hat. Anders verhält es sich mit dem Ausdauersport und besonders mit dem Langstreckenlaufen. Da es nicht nur als Spitzensport populär ist, obwohl dort noch 40jährige große Rennen gewinnen können, hat man rechtzeitig dafür gesorgt, dass auch die Sieger in den verschiedenen Altersgruppen gewürdigt werden und dies machte sich bezahlt. Um wieder auf den New Yorker Marathon zurückzukommen, der Sieger in der Gruppe plus 80 wird vom Fernsehen am nächsten Tag genauso umworben, wie der Gesamtsieger. Dies zeigt am Besten, dass physische Leistung bis zu einem gewissen Alter auf hohem Niveau möglich ist. Allerdings gibt es bestimmte Voraussetzungen, wie beispielsweise die physische Konstitution. Wenn eine Person von mehr als einhundert Kilogramm Körpergewicht auf längere Zeit für die Marathonstrecke trainieren will, dann kommt es unweigerlich zu körperlichen Schäden in den Gelenken des Bewegungsablaufs. Überhaupt ist dies das Hauptübel der fanatischen Langstreckenläufer: Wirbelsäule, Hüfte, Knie und Knöchelgelenke werden bei den Meisten zu stark beansprucht. Eine reine Sichtstudie ergab, dass ein Großteil der Langstreckler für diesen Sport nicht geeignet ist, der Körper ist zu schwer und die Beine zu kurz. Man beobachte nur die Spitzenathleten dieses Sports, selten haben sie mehr als sechzig Kilo, lange spindeldürre Beine, dafür einen überdimensionalen Brustkorb.

Doch der Durchschnittsläufer will davon nichts wissen, er erwartet auch keinen Sieg, denn eine Medaille bekommt jeder der erfolgreich ankommt, ihm geht es mehr um das Glücksgefühl die Schwere seines Körpers überlistet zu haben, an die Grenze der Leistungsfähigkeit gegangen zu sein und dadurch die berühmten glücksbringenden Endorfine ausgelöst zu haben. Jeder Lauf ein Sieg gegen sich selbst. So erlebte ich dies etwa zehn jahrelang. Bis ja, bis die Rückenschmerzen begannen, zunächst als Muskelschmerzen abgetan, der Ischiasnerv meldete sich, besonders nachts beim Ruhen. Doch nach wenigen Kilometern Warmlaufen war der Schmerz verflogen. Man hätte eigentlich darauf hören sollen, Schmerzen seien ein Warnsignal, sagten die Ärzte. Doch man konnte sie übertölpeln, mit Schmerzmitteln, mit Massage, Physiotherapie oder auch Akupunktur. Dies alles wurde nun Teil der Vorbereitung eines Läufers. Zu spät wurde einem erklärt, dass man auch an die Stärkung der Rückenmuskulatur denken sollte, die ja das Knochengerüst elastisch erhält. Nun ich habe meine eigenen Erfahrungen gemacht und stehe vor einer Bandscheibenoperation.

Dabei kann man argumentieren, dass dies kein typisches Alterssymptom wäre, auch bei jüngeren Läufern kann dieses Problem auftauchen. Doch es ist nicht nur dies, obwohl derzeit die artikulierteste Äußerung des Alterns. Dass die Haare grau werden und zwar in einem Umfang, dass auch die Tuschierungsmittel nicht mehr helfen ist nur ein optischer Vorgang, ärgerlicher schon, dass sie immer mehr dort wachsen wo sie nur stören, in den Ohrmuscheln und in der Nase. Verstärkte Augenbrauen können sogar noch männlicher wirken. Aber da sind wir bereits bei den wichtigsten Organen, den Augen: nun die Sehschärfe lässt nach, besonders die Nahsicht, wobei die Weitsicht sich wieder erholt wie es in der Jugend war, ein eigenwilliger Vorgang. Mit dem Gehör ist es so eine Sache, nicht dass man bereits einen Hörapparat einbauen müsste, aber Cocktailparties machen keinen Spass mehr, da der Lärmpegel der Umstehenden die Konzentration beim Zwiegespräch stark beeinträchtigt. Was man jahrzehntelang so gerne wahrnahm, meidet man nun. Nicht zu erwähnen die Nierensteine, die sich möglichst immer auf Reisen melden, also im unpassendsten Augenblick. Ja schön, das hätte nichts mit dem Alter zu tun, meinte der Arzt, aber warum kamen sie dann früher nie? Das heikelste Thema ist die Sexualität, die so sagt man, ein Teil des Lebens sein soll. Schon früh wird man regelrecht abgerichtet, dass man sie ja wichtig nähme, das geht selten vom Elternhaus aus, auch nicht von der Schule, nein es ist der indirekte Einfluss der Freunde, der Medien, der gesamten Umwelt. Erfolgreich ist, wer guten Sex hat, und dem es gelingt leicht, erfolgreich und häufig das andere Geschlecht dazu zu bringen. Nun in der Jugend ist dies ein sehr anstrengender Wettkampf, ein Großteil der Freizeit wird dafür verwendet, oft ohne großen Erfolg, und wenn der sich dann doch einmal einstellt, ist er viel zu schnell vorbei, weil man zu hektisch, zu erwartungsfroh, kurz zu hyper ist. Erst allmählich lernt man im Leben ihn richtig einzuordnen und in kontrollierten Bahnen verlaufen zu lassen. Im Alter beginnt jedoch dieses Spiel der Jugend wieder, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Die Erwartung liegt nun bei der oder den Partnerinnen und wieder wird ein Kraftakt daraus ihn zu erfüllen, Arbeit steht vor Vergnügen. Dass man heute schon recht einfache pharmazeutische Mittel hat, die Erektion zu erzeugen ist zwar ganz schön, aber die geile Spontanität der früheren Jahre ist irgendwie dahin. Man schaut lieber den hübschen Geschöpfen nach, als sie zu erobern.

Das sind nun die physischen Aspekte des Alterns, wobei man nicht unberührt wegsteckt, dass jedes Jahr der eine oder andere der gleichen Altersgruppe für immer geht. Dadurch wird mehr denn je bewusst, dass der Weg nach vorne kürzer ist als der Weg den man bereits zurückgelegt hat, und damit beginnt der psychische und intellektuelle Teil sich mit dem Alter auseinanderzusetzen. Ich komme wieder auf die vorher erwähnten Interviews mit den Personen von über achtzig Jahren zurück. Die Mehrheit hat bereits mehr oder weniger starke körperlichen Behinderungen und bei einer beträchtlichen Zahl ist sowohl das Erinnerungsvermögen als auch die Artikulation schon eingeschränkt. Dies bedeutet, dass ab siebzig aber spätestens ab achtzig sowohl  die physischen als auch die kognitiven Fähigkeiten immer mehr reduziert werden. Ich höre zwar nun sofort Widerspruch, und ein jeder hat sofort eine beträchtliche Zahl von Beispielen an der Hand von Achtzigjährigen die noch Vater wurden, die noch Marathon laufen, die noch Vorlesungen halten, erfolgreiche und fundierte Veröffentlichungen schreiben oder noch sonstige großartige Leistungen vollbringen. Doch all dies hält mich nicht davon ab, dem Alter klar ins Gesicht zu sehen, es wird kommen und zwar immer schneller als man denkt. Ab siebzig ist jedes Jahr das man körperlich und geistig erlebt ein Erfolg. Oftmals bemerkt man es garnicht so direkt, dass man immer weniger langfristige Projekte angeht oder Entscheidungen trifft, man beschränkt sich auf die Vorschau von zwölf Monaten, dann gibt man sich wieder neue Ziele. Sie werden keineswegs anspruchsloser, im Gegenteil, weil man bemerkt und auch weiß, dass die Zeit läuft, will und kann man nichts mehr aufschieben. Dadurch entsteht gar eine gewisse Unruhe, man hat noch so viel zu erledigen, will noch eine Menge abarbeiten und sieht rasch, dass dies in wenigen Jahren nicht mehr möglich sein wird. Das enttäuscht und frustriert leicht. Dabei schränkt man unweigerlich seinen alten Lebenstil ein, man schneidet unwichtige Dinge ab, den Stammtisch, die langen Gespräche und Diskussionen mit Freunden über Gott und die Welt, die noch nicht gemachten Erlebnisreisen. Ja man wählt gar mit Bedacht die Bücher aus, die man noch lesen will und die Themen, in die man sich vertiefen und die man noch erarbeiten will. Es entsteht unweigerlich eine Endzeitstimmung, keineswegs eine depressive, eher eine unruhige oder hektische, man will nicht dass es zu spät ist, und vor allem denkt man daran etwas Bleibendes zu hinterlassen. Nicht etwas Materielles, das kann ja auch vergänglich sein, eher im intellektuellen Bereich, mit dem sich noch eine zukünftige Generation beschäftigen könnte. Zugegeben, das ist ein anspruchsvolles Ziel, aber es hilft die Endzeit attraktiver und hoffnungsvoller zu durchleben.

Auch bei dem Gedanken, dass man dahinsiechen könnte, rebelliert etwas in einem. Obwohl man es weder aufhalten noch beeinflussen kann. Ich las kürzlich von der Möglichkeit, dass man bereits mit einem Vorsprung von zehn oder gar zwanzig Jahren feststellen könnte, ob man die Gene für eine Demenzentwicklung in sich trägt. Nachdem meine Eltern beide daran erkrankten, trage ich mich mit den Gedanken diesen Test machen zu lassen. Ob das gut ist oder nicht, ich bin mir noch nicht sicher. Wenn es kein Mittel gibt um den Vorgang aufzuhalten, ist es vielleicht besser nicht zu wissen was kommen wird.

Schon allein diese Gedanken zeigen, dass man sich unweigerlich mit dem Alter und dem Altern mehr als es normal ist beschäftigt. Ob man dadurch schneller altert? Ich weiß es nicht, ich denke nur, dass man es dann bewusster angeht und vielleicht sogar den Teil an Qualität, den das Alter noch bietet mehr genießt und ausnützt.

 

17.3.2013

 

quarta-feira, 6 de março de 2013

Hugo Chavez


Hugo Chavez ist tot. Für ihn selbst eine Erlösung, immerhin hat er zwei Jahre gegen seine Krebserkrankung angekämpft. Doch Hugo Chavez war ja nicht Irgendeiner, 14 Jahre hat er mit seinem eigenwilligen, polemischen und manches Mal auch gefährlichen Regierungsstil  ganz Amerika in Atem gehalten. Was er eigentlich genau erreichen wollte, war nicht immer klar. Sein „ bolivianischer Sozialismus „ wurde nie genau definiert. Zunächst ging es ihm um die Ausschaltung der Opposition im Lande, dann um seinen eigenen Machterhalt, dann fiel er nochmals zurück in die Zeit des kalten Krieges und erklärte die USA als den ersten Feind Venezuelas. Er suchte Verbündete, die er im sozial ungleich entwickelten Südamerika leicht fand, Evo Morales in Bolivien,  Rafael Correa in Ecuador, Daniel Ortega in Nicaragua und vor allem die Brüder Castro in Kuba, die im Diktatur-Sozialismus der 1970 und 1980er Jahre stehengeblieben waren. Nachdem selbst Russland die einsame Insel nicht mehr unterstützte, flossen Milliarden aus den venezolanischen Öleinnahmen zur politischen Unterstützung nach Kuba. Im Land selbst hätten sie besser angewandt werden können.

Chavez Hausmacht war das einfache, arme Volk, dem er ähnlich wie die brasilianische Regierung „ Almosen „ gab, und sich dadurch auch sogenannte demokratische Wahlsiege sicherte. Die brasilianische PT-Regierung unterhielt zu ihm ein eigenartiges, emotionales Verhältnis. Besonders Präsident Lula hielt ihn für einen Bruder im Geiste, ohne aber seine antidemokratische Regierungsweise zu kopieren. Daraus hätte Chavez Schlüsse ziehen können, hat es aber nicht getan, da wie bei vielen Diktatoren durch ein besonderes Sendungsbewusstsein, sein Blickfeld verengt war.

Venezuela muss nun bald wieder wählen und man darf gespannt sein, wie es mit diesem Land weitergehen wird.

segunda-feira, 25 de fevereiro de 2013

Das Auto und seine Opfer


Deutschland ist für seine Liebe zum Automobil bekannt, schließlich fuhr das erste mit Motor betriebene Fahrzeug auf den Straßen des damaligen Kaiserreichs. Danach war es lange ein Gefährt für Wohlhabende und Adlige. Das Auto für den kleinen Mann und die Masse der Bevölkerung,  war Henry Fords Verdienst mit seinem T-Modell, von dem zwischen 1908 und 1927 15 Millionen Einheiten verkauft wurden. Eine ähnliche Idee hatte auch Adolf Hitler, er wollte dem deutschen Volk ebenfalls einen populären Wagen anbieten, der nicht mehr als eintausend Reichsmark kosten sollte. Ferdinand Porsche, wurde damit beauftragt, und ließ im Jahr 1938 das KdF-Werk Fallersleben erstellen ( heute Wolfsburg). Durch den Kriegsbeginn kam es zu keiner Serienproduktion mehr, das Werk musste Kriegsmaterial herstellen. Deshalb lief der er Volkswagen erst 1945, nach Kriegsende, vom Band und wurde an die Besatzungsmächte sowie an die Deutsche Post ausgeliefert. Den Namen Käfer bekam das Fahrzeug erst später, durch einer Erwähnung in der New York Times. Ab 1946 konnten auch Privatpersonen das Fahrzeug erwerben, was natürlich in dieser Zeit sehr langsam anlief. Der Wagen kostete bereits 5000 Reichsmark, und Benzin war rar. Trotzdem wurde der Käfer im Laufe der nächsten Jahrzehnte das erfolgreichste Auto. Bis zu seiner Einstellung im Jahr 2002, wurden über 21 Millionen Einheiten verkauft.

Auch in  Brasilien hatte der Käfer, hier Fusca genannt, ab 1953 einen großen Erfolg. Mit ihm begann der Verkauf des Automobils für Jedermann. Die Jahre nach dem zweiten Weltkrieg war die Zeit des Individualverkehrs, der Traum von der unabhängigen Beweglichkeit. Diese führten die Nordamerikaner bis zum Exzess durch, das Auto war mehr als ein Fortbewegungsmittel, es war Status, Geliebte, Freiheit und Glanz. Chrom und Farben, sowie Beschleunigung und Geschwindigkeit bedeuteten dem Menschen immer mehr. Dieser Boom hält in vielen Ländern der Welt bis heute noch an, so dass die Automobilindustrie nach wie vor weltweit einer der wichtigsten Industriezweige ist. Allerdings stagnieren in den hochentwickelten Ländern, wie Europa und USA die Verkaufszahlen. Einmal besitzt dort schon jeder sein Fahrzeug, und mit der Freiheit ist es schon lange vorbei, denn in den Stadtgebieten verliert man viel Zeit im Stau des Morgen- und Abendverkehrs. Zum Glück haben die Europäer die öffentlichen Verkehrsmittel wie Eisenbahn, Straßenbahn, U-Bahn und Omnibusse nie aus den Augen verloren und bieten in den meisten Städten ein sicheres und gutes Netz an. Anders in den USA, dort ist bis heute das Automobil noch des Besitzers liebstes Kind.

In den Schwellenländern und Ländern der dritten Welt erlebt derzeit das Automobil seine größten Wachstumsraten, deshalb geht es den Firmen gut, die dort rechtzeitig Produktionsstädten eröffnet haben. Auch diese Menschen wollen den Traum von der individuellen Beweglichkeit erleben. Nur sind diesem Wunsch dann Schranken gesetzt, wenn kein adequates öffentliches Straßensystem vorhanden ist. Neben den bereits erwähnten Staus, ergibt sich daraus noch eine weitere negative Seite des Automobilverkehrs, die Unfälle und Menschenopfer. Es ist sicher keine große Neuigkeit, dass Autofahren so schön wie es sein kann, auch gefährlich ist. Deshalb wird heute wesentlich mehr Aufwand für die Sicherheit des Fahrzeugs betrieben, als für die Fahrfreude. Sicherheitsgurten, Airbags, Bremshilfe und Stabilitätsstützen sind in den meisten Fahrzeugen schon Selbstverständlichkeit. Die führenden Hersteller entwickeln bereits Unfallwarnsysteme, die in kritischen Momenten automatisch eingreifen, da man mittlerweile weiß, dass der Mensch ab einer gewissen Geschwindigkeit dem Auto nicht mehr gewachsen ist.

Trotz all dieser Entwicklungen sind die Unfalltoten bis heute eine erschreckend große Zahl, die sich mit den Opfern in regionalen Kriegen messen können. Man könnte also zu dem Schluss kommen, dass auf den Straßen vieler Länder täglich ein kleiner Krieg im Gange ist. Nehmen wir die Unfallopfer Brasiliens: bei 65 Millionen zugelassener Fahrzeuge sterben auf Brasiliens Straßen jährlich 43.000 Menschen ( 2012). Das entspricht etwa den Opfern im Krieg in Syrien. Die USA hat etwa 150 Millionen zugelassener Autos und meldet 36.000 Tote, während die Bundesrepublik bei 51,7 Millionen Fahrzeugen 3600 Tote zu beklagen hat. Statistisch ausgewertet kommt somit in Brasilien auf 1525 Fahrzeuge ein Toter pro Jahr, in Deutschland aber nur einer auf 14.330 Fahrzeuge.

An diesen Daten kann man leicht erkennen, woran es in Brasilien mangelt: am sicheren Straßennetz, an der Ausstattung der Autos mit besseren Sicherheitssystemen und an der besseren Schulung der Fahrzeugführer. Das Beispiel Bundesrepublik zeigt, wohin man kommen kann, wenn man sich auf die Verbesserung der drei angegebenen Faktoren konzentriert. Die Menschenleben, die gerettet werden können sollten es wert sein.