segunda-feira, 22 de outubro de 2012

Avenida Brasil


Nun ist sie zu Ende, und es war fast wie eine Liebesgeschichte, man traf sich jeden Abend, wartete mit Herzklopfen, was geschehen würde, man sympatisierte mit den Charakteren, die Männer mehr mit Nina, die Frauen mit Tufão.  Es gab aber auch welche, die sich für die hysterischen Ausbrüche Carminhas begeistern konnten, das war zwar schon etwas pervers, aber in unserer Gesellschaft gibt es ja sehr unterschiedliche Personen, auch solche, die das Böse einfach anzieht. Selbst Max hatte seine Anhängerinnen, immerhin war er weit mehr Macho als Tufão, oder der alternde Leleco oder der möchtegern Don Juan Cadinho. Dass letzterer zum Schluss einer derjenigen war, die ein wirkliches Happy End feiern durften, sollte uns der Autor doch näher erläutern. Wie hat er es wohl angestellt, dass drei hübsche Damen ihm gleichzeitig das Ja-Wort gaben. Eine Reflexion auf unsere offene Gesellschaft oder nur die üblichen Wunschträume der Herren der Schöpfung?


Es war sicher eine der dramatischsten Novelas der letzten Jahre, großartig war die böse Seite des Lebens, dargestellt von Carminha und Max, Santiago und Nilo. Selten wurden die männlichen Hauptdarsteller  trotteliger und lächerlicher personifiziert als durch Tufão, seinem Vater Leleco oder Adauto mit der „ chupeta „. Überhaupt kamen die Fussballstars nicht sehr gut weg. Wer erkannte in Tufão nicht den einen oder anderen der Großen des brasilianischen Fussballs der letzten Jahrzehnte ? Außer Geld nichts gewesen, und dies war schließlich auch das durchgehende Thema dieser sechsmonatigen Serie. Ein einfacher Junge verdient durch das Ballspiel eine Menge Geld, kann sich eine Luxusvilla leisten, mit allen Angestellten, herrlichem Garten, und die ganze Familie hängt an ihm wie die Kälber am Euter der trächtigen Kuh. Eine undurchsichtige Blondine nähert sich ihm, umschwirrt und umgarnt ihn und bringt es fertig, dass sie noch ihren Liebhaber an die ebenso naive Schwester des Ex-Fußballers verkuppelt. Alle haben Spass an diesem neureichen Lebensstil, der nur aus Fressen, Saufen, Festen und Bäumchen-wechsle-dich Spiel besteht. Doch die Intriganten haben gänzlich anderes im Sinn.  Der Plan, der eigentlich daraus bestehen sollte, an das Geld des Ex-Helden heranzukommen, wird durch das Auftauchen einer Person gestört, die als Köchin angestellt wurde, aber in Wirklichkeit sich an Carminha rächen will, beide haben eine dunkle Vergangenheit. Von diesem angespannten Verhältnis lebte die Novela über Monate. Alles andere war Beiwerk, Dekoration, wobei mit Deutlichkeit die neuen sozialen Verhältnisse Brasiliens gezeigt wurden, der Aufstieg der Klasse C, die sich nun mehr leisten kann, sei es in der Verpflegung, beim Reisen und in den Wohnverhältnissen, aber sonst weiterhin vulgär und einfach bleibt. Der Abstieg der klassischen guten Gesellschaft war ebenso enthalten wie die Vorurteile von Reich gegenüber Arm. Brasilien befindet sich zweifellos in einer gesellschaftlichen Veränderung: die kleine Oberschicht wird immer bestehen bleiben, obwohl auch sie sich verändert, doch die klassische kleine Mittelschicht des Bürgertums kann ihren Standard immer weniger halten, sie lebt von den glorreichen Zeiten der Vergangenheit. Dafür entstand eine Bewegung aus den ehemals Besitzlosen, Rechtlosen der Peripherie, die sich, bestärkt durch die Regierung Lula und die wirtschaftliche Stabilität der letzten zehn Jahre, zu erfolgreichen Konsumenten entwickelt haben. Sie sind immer mehr ein entscheidender Faktor im brasilianischen Wirtschaftsleben, sie kaufen, sie zahlen in langfristigen Raten und stärken so den Finanzsektor mit seinen immernoch weit überhöhten Zinsen. Da ist kein Benehmen vorhanden, keine Etikette, keine bürgerliche Kultur. Die sozialen Forderungen und Spannungen die diese Entwicklung zu Anfang des 20. Jahrhunderts in Europa erzeugte, werden in Brasilien derzeit durch reinen Konsumismus kompensiert. Die Novela „Avenida Brasil“ blieb dabei ganz nah an der Wirklichkeit. Carminha, die das Böse ansich darstellt, ist nur eine Protagonistin, die es vom  „lixão „, von der Müllhalde,  bis zur noblen Villa der Neureichen geschafft hat. Tufão ist letztlich nur Mittel zum Zweck, um an das große Geld zu kommen. Dass dann am Ende aber der Geliebte, Max, und selbst der eigene Vater, Santiago, auf der Strecke bleiben, zeigt den Charakter dieser Aufsteigerin. Ganz brasilianisch war dann das letzte Kapitel im Zeitraffer, der nebenbei auch einen Seitenhieb auf die brasilianische Rechtssprechung enthielt, eine Mörderin kommt bereits nach drei Jahren wieder frei. Ganz in Demut gehüllt, zieht sich Carminha wieder auf die Müllhalde zurück, von wo sie kam, und erkennt bei dem Besuch des Sohnes mit Enkel und der Ehefrau Nina, ihrer erbittersten Gegnerin , dass sie selbst auch charakterlich nur ein Teil der Müllhalde war. Das einzig Positive ihres Lebens sei ihr Sohn Jorginho, der ohnehin in allen Kapiteln der Liebling des Publikums war.
Brasilianische Novelas sind  beliebt und populär wegen ihrer Nähe zur Wirklichkeit, wobei sich die Strickmuster immer wieder ähneln, mehrere gesellschaftliche Ebenen sind ineinander verknüpft, so dass jeder sich darin entdecken kann. Es werden Wahrheiten und Wunschvorstellungen miteinander vermischt, die psychologisch als Traum und Wirklichkeit gedeutet werden könnten. So fesselt man ein Volk, das heterogener nicht sein könnte, und am Ende gibt es zwar nicht immer ein Happy End, aber man geht irgendwie in Frieden auseinander. Vielleicht ein echtes Spiegelbild der Gesellschaft.

Eek
22.10.2012

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